Roland hat geschrieben:Hallo!
Ich bin Brillenträger und möchte hier einmal einen Erfahrungsbericht abgeben.
Da in der letzten Zeit wieder verstärkt Werbung für die "Brille zum Nulltarif" betrieben wird, konnte ich mein angeborenes Mißtrauen nicht mehr im Zaum halten und hab mir bei Fielmann ein paar Brillen angeschaut. Ich war der Meinung, daß man sehr vorsichtig sein muß, wenn es etwas geschenkt gibt, da es immer einen Haken hat.
Als erstes interessierten mich natürlich die versch. Modelle zum Nulltarif. Es waren ungefähr 20. Darunter waren Brillen, die nur Frauen tragen können, unmodische ovale und runde, und "Kindergartenbrillen" nur in groß. Also nichts, was man(n) in der Öffentlichkeit tragen kann. Die meisten sahen meiner vorletzten sehr ähnlich, die seit 6 Jahren im Küchenschrank verstaubt.
Ein einziges Modell kam dann in Frage, es bestand aus einem Stück gebogenem Draht und war durch die dunkle Farbe so auffällig wie eine Schweißerbrille. Wenigstens die Form war einigermaßen (ein bischen 8eckig bis kantig). In dieser Form gab es auch noch 2-3 für 9,50 Euro, aber alle schwarz und sehr dominant im Gesicht.
Dann kamen wir auch schon zum nächsten Modell für 70,- Euro. Dazwischen gabs nichts. Ich muß sagen, daß dieses Gestell einmalig aussah. Zwar sehr filigran, aber modisch und total unauffällig. Die Fassung war unten offen. Das heißt, es können nur Kunststoffgläser eingesetzt werden. Die sind sehr empfindlich, also müssen sie noch gehärtet werden.
Dünnerschleifen muß auch sein, dazu wurde ein sehr interessantes Anschauungsmodell vorgelegt, auf einer Seite schön dünn, auf der anderen Seite mit einem Maßkrugboden in der Fassung. Alles in allem waren wir dann bei ca. 200,- bis 300,- Euro, je nach Entspiegelung usw.
Das ist etwa der Preis, den ich auch für die letzten beiden Brillen bei einem kleinen Optiker bezahlt habe. Trotzdem blieb mir ganz schön die Luft weg. Umgerechnet 600,- DM für eine Brille, die es ja eigentlich lt. Werbung auch zum Nulltarif geben müßte. Da muß eine alte Frau lange dran stricken...
Klar, für 0,- Euro gibts auch Brillen. Das wäre in meinem Fall dann eben eine Schweißerbrille mit zwei Maßkrugböden. Das heißt, umsonst ist auch die nicht. Die Versicherung der Hanse Merkur ist schon toll. Die kostet pro Jahr 10,- Euro und zahlt dann pro Brille 15,- Euro drauf. Deswegen ist die umsonst. Alle zwei Jahre gibts dann eine neue Schweißerbrille oder bei Schäden zwei neue Maßkrugböden für insgesamt max. 15,- Euro.
Nun frage ich mich, ob die Fielmannkunden nicht rechnen können. 2 Jahre mal 10,- Euro, was macht das? Richtig, 20,- Euro. Der Zuschuß der Versicherung beträgt 15,- Euro, macht also 5,- Euro Gewinn!
Ja, und was ist mit der Schadensversicherung, fragen jetzt die Fielmann-Fans? Die zahlt ja auch schon vorher bei Schäden. Das schon, aber dann gibts nach 2 Jahren ja auch noch keine neue Schweißerbrille! Die Versicherung kann also nur gewinnen. Im schlimmsten Fall (wenn jeder den Zuschuß voll ausnutzt) beträgt der Gewinn in 2 Jahren 5,- Euro für die Hanse Merkur. Ist doch toll für sie, oder?
Jedenfallls halte ich die F.-Werbung nach wie vor für eine riesen Augenwischerei, deren Konzept aber offensichtlich aufgeht. Wenn der Kunde schon mal da ist und die Schweißerbrillen sieht, sind ihm die 200,- bis 300,- Euro für eine vernünftige Brille auch egal.
Ein Kunde vor mir ist verärgert wieder abgezogen. Er war eigens wegen der Nulltarifbrille 60 km angereist und hätte dann genausoviel bezahlen müssen wie beim Optiker vor Ort. Mit dem Nachteil, daß er bei jeder Reparatur usw. die gleiche Strecke hätte fahren müssen. Der Hausoptiker hätte ihn wohl laut ausgelacht. Auch ich werde mich wohl demnächst beim sympatischen Optiker um die Ecke beraten lassen und meine Kröten lieber diesem gönnen. Schließlich ist es ja in jeder Branche so, daß die Kleinen früher oder später von den großen verschluckt werden. Das wurde mir selten so deutlich wie bei diesem Besuch...