Optiker-Forum

Hallo liebe Forenmitglieder,

da ich vor 20 Jahren (ehe ich mit dem Tragen weicher Kontaktlinsen angefangen hatte ) meine letzte Brille hatte und mir kürzlich eine Brille (zur Entlastung meiner Augen nach Feierabend und am Wochenende) von meiner Augenärztin verschrieben wurde, habe ich als quasi völliger Brillen-Neuling diesbezüglich drei Fragen:

Vorweg meine Werte (bei der Augenärztin "maschinell" gemessen, nach 36h Linsenpause):
R Sphäre -5.00; Zyliner -1.50, Achse 15°
L Sphäre - 4.75; Zylinder -2.25 Achse 175°

1.) Weiß jemand, ob diese Werte per Sehhilfenverordnung eine Kostenübernahme durch die gesetzl. KK rechtfertigen? Ich habe dazu nämlich bisher zwei unterschiedliche Auslegungen des Gesetzestextes gefunden, aus denen ich nicht schlau werde. Nämlich einmal stand als Voraussetzung zur Kostenübernahme: "Hornhautverkrümmung und zugleich mindestens 4 Dioptrien" und wo anders "eine Hornhautverkrümmung von mehr als vier Dioptrien" Was ist richtig?

2.) Meine Kurzzichtigkeit ist ja einigermaßen hoch... und ich frage mich, welchen Brechungsindex ich optimalerweise beim Optiker bestellen sollte. Ich will mich nicht ggf. zu unnötigem Schnick-Schnack oder zu überteuerten super extra dünnen Gläsern überreden lassen, da ich aktuell sehr wenig Geld habe, aber natürlich möchte ich schon eine vernünftige Sicht erreichen mit der Brille, deshalb wollte ich mich da mal vorab bei den Profis erkundigen, was da so angemessen ist. Noch ein Hinweis, falls das wichtig ist: ich werde die Brille vermutlich im Wesentlichen zu Hause d.h. drinnen tragen.

3.) Hatten die Optiker unter Euch schon Kunden mit irreparablen Sehschäden durch Neovaskularisation (durch weiche Kontaktlinsen)? Meine Augenärztin versicherte mir nämlich, dass es sich um ein "kosmetisches Problem" handle... aber ich traue dieser Aussage irgendwie nicht. Dass rote Äderchen kein Zeichen von Augengesundheit sind, ist sowieso klar, aber ich frage mich, ob es nicht doch dramatischer werden könnte (und ich ggf. ganz und nicht nur teilweise auf Brille umsteigen sollte/muss) und mich da jetzt von ihrer Aussage leiten lasse und in 10 Jahren möglicherweise Schäden habe, die nicht mehr nur kosmetischer Natur sind.

Über Antworten würde ich mich sehr freuen. Liebe Grüße
Jay

Moin!

Jay2020 hat geschrieben:1.) Weiß jemand, ob diese Werte per Sehhilfenverordnung eine Kostenübernahme durch die gesetzl. KK rechtfertigen?

Ja, Stärken sind hoch genug.

Jay2020 hat geschrieben:2.)Brechungsindex

Den richtigen... Kann man nicht pauschal beantworten, abhängig von der Fassung, der Zentrierung etc.

Jay2020 hat geschrieben:3.) Hatten die Optiker unter Euch schon Kunden mit irreparablen Sehschäden durch Neovaskularisation (durch weiche Kontaktlinsen)?

Ja. Hier mal n ganz mieses Bild:Oberhalb vom gelben Strich ists nur kosmetisch unschön, unterhalb wirds sehtechnisch problematisch.

Hallo Jay,

ich fange mal von hinten an.

zu3.) Neovaskularisationen sind Einsprossungen von Äderchen auf Grund von andauernden Sauerstoffmangel durch das übertriebene Tragen von weichen Kontaktlinsen. Wenn man eine Linsenpause mach, werden diese Äderchen blutleer, aber sie bilden sich nie wieder zurück. Immer wenn Linsen getragen werden füllen sich diese wieder und wachsen weiter. Wenn die Äderchen so weit wachsen, dass sie vor die Pupille gelangen, dann kommt es zu Streulicht und daraus folgend zu vermehrter Blendungsemfindlichkeit. Zudem verringert sich die Sehleistung. Ende vom Lied, man benötigt eine Spender-Hornhaut.
Neben den Neovaskularisationen können sich noch Veränderungen des Endothels einstellen, die zu Problemen der Versorgung der Hornhaut mit Nährstoffen führen kann.
(Hinweis für alle Kontaktlinsenträger: regelmäßige Kontrolle der Augen hätte diese vermeiden können.)

zu 2.) Welches Glas mit welchen Index das beste Preis-Leisungsverhältnis darstellt ist so nicht zu beantworten, denn es hängt von vielen Faktoren ab. Der Optiker vor Ort kann dir eine Dickenberechnung druchführen.

zu1.) stärkster Hauptschnitt größer 6,25, also gibt die gesetzliche KK einen Zuschuss.

Gruß

Optidi

Krankenkassenzuschuss für Brillengläser "ja", für Kontaktlinsen "nein".

Für KL nur unter bestimmten Bedingungen, die hier aber meiner Meinung nach nicht vorliegen.

Lutz hat geschrieben:Krankenkassenzuschuss für Brillengläser "ja", für Kontaktlinsen "nein".

Für Kl nur unter bestimmten Bedingungen, die hier aber meiner Meinung nach nicht vorliegen.

Wann gibt es den Zuschuss für KL? Ich habe kürzlich welchen bekommen und nicht gerade wenig.
Meine Werte sind schon höher, die linke und rechte Linse sind unterschiedlich bezuschusst worden.

Oh, vielen lieben Dank für die schnellen, kompetenten und auf ganzer Linie übereinstimmenden Antworten.

Ich finde es auf dem Hintergrund meines jetzigen Wissens fast etwas unverantwortlich dass weiche Kontaktlinsen überhaupt in Drogerie und Supermärkten erhältlich sind... das suggeriert dem Endverbraucher ja auch sowas wie "völlig harmlos". Natürlich ist es am Ende mein Fehler, mich nicht ausreichend informiert zu haben, aber ich finde, man könnte auch gesetzlich dazu beitragen. Probelamtisch ist einfach, dass sich normalerweise gesundheitsschädliches Verhalten durch Beschwerden bemerkbar macht, wodurch man auf ein Fehlverhalten aufmerksam wird. Zum Glück haben meine Äderchen die Iris bzw. die Pupille noch nicht erreicht... trotz zwei Jahrzehnten des exzessvien Linsentragens... *schäm schäm... meine armen Augen.

Also nochmal danke für Eure Antworten und Hinweise!

War von mir nicht ganz richtig formuliert...

Wer Anspruch auf eine Kassenleistung für Brillengläser hat (und das wäre hier gegeben), kann statt Brillengläsern auch Kontaktlinsen wählen und dann einmalig den Gläserbetrag abgerechnet bekommen.

Es gibt aber auch noch separate Abrechnungspositionen für KL, dafür gelten allerdings "schärfere" Bedingungen:

grundsätzlich beidäugig
- ausschließlich Einstärkenlinsen
- formstabile Linsen als Regelversorgung
- weiche KL nur, wenn Anpassung harter KL erfolglos

- Austauschsysteme nur bei häufigen Proteinablagerungen möglich

Indikationen
- Myopie/Hyperopie ≥ 8,00
- irregulärer Asti, wenn eine Visusverbesserung um 0,2 gegenüber Brillenversorgung erreicht wird
- Asti rectus/inversus ≥ 3,0 dpt
- Asti obliquus (15°-75° und 105°-165°) ≥ 2,0 dpt
- Keratokonus
- Aphakie
- Aniseikonie > 7%
- Anisometropie ≥ 2,0-dpt

- zusätzliche Brillenglasverordnung möglich
- bei Presbyopie Nahbrillengläser zusätzlich zu Kontaktlinsen möglich

als therapeutische Sehhilfen
- ausgeprägter, fortgeschrittener Keratokonus mit pathologischen HH-Veränderungen
- HH-Radien < 7,0 mm am Apex
- nach HH-Transplantation/Keratoplastik

Danke @Lutz.
Und eine Frage noch: geht man bei der Bezuschussung bei den KL von den brillenwerten aus oder von den KL-werten? Die Linsenwerte sind ja immer niedriger.
Ich habe meinem Anpasser so viele Fragen gestellt, aber die waren mir entfallen.

Die KL sind ja für die Fälle vorgesehen, in denen eine Brillenversorgung Probleme machen würde/könnte; daher sind die Brillenwerte ausschlaggebend.

Im übrigen sind bei Plus-Werten die Linsenwerte höher als die Brillenwerte...

Lutz hat geschrieben:Im übrigen sind bei Plus-Werten die Linsenwerte höher als die Brillenwerte...

Klingt logisch
Ich vergaß dass es auch plus gibt.

@Jay2020
Was soll man dazu sagen?
• nach 20 Jahren wird mal über eine zusätzliche Brille nachgedacht?
Wurde diese Thematik innerhalb dieser Zeit bei keiner KontaktlinsenKontrolle erörtert?
...oder zumindest bei einer Neuanpassung der Kontaktlinsen thematisiert?
• eine Augenärztin bezeichnet Neovaskularisation als "kosmetisches Problem" - drollig!
Erinnert mich an einen Automechaniker, der den Motor als bestens eingestellt bezeichnet,
wenn der heraustropfende Sprit eine deutliche Spur auf der Fahrbahn hinterlässt.


Auf den Punkt gebracht oder Tipp für langjähriges erfolgreiches Kontaktlinsentragen.

Als Brillenträger kann ich auf Kontaktlinsen verzichten !
Als Kontaktlinsenträger sollte ich nie auf eine Brille verzichten !

Wer Geld für Kontaktlinsen hat, muss auch einen Betrag für eine Brille erübrigen.
Eine Brille mit Basis-Versorgung reicht, mit der man sich auch gegebenfalls nach draußen traut.

Uh là là, eigentlich waren die Fragen dieses Threads schon geklärt. Vielen Dank dennoch für die Aufklärung über offensichtliche Versäumnisse, die der Theraderstellerin (auch vor Deinen bestimmt echt gut gemeinten, fett gedrucken, farblich für mich gut indentifizierbaren, unterstrichenen und mit Ausrufezeichen versehenen) Einlassungen durchaus mittlerweile "schon" bewusst waren (Soll heißen: ja ich bin, was meinen bisherigen Umgang mit meiner Augen-Gesundheit angeht, ein absoluter Volltrottel und ja, ich weiß es)! Aber schadet nicht, es nochmal zu sagen.

Bezüglich der Beschaffenheit und den Ursachen meiner gerade erst eingetretenen finanziellen Situation und der Frage wieviel ich ad hoc für eine Brille mit guten Gläsern erübrigen kann hingegen, und ob für mich die Frage eines möglichen Zuschusses von der KK deshalb Berechtigung hat oder nicht, davon hat jedoch auch der kompetenteste Nutzer/Optiker hier, wenn ich mich nicht irre, nicht die leiseste Ahnung. Ich würde deshalb darum bitten, von solchen Bemerkungen respektvollerweise Abstand zu nehmen.

Jedenfalls, vielen Dank nochmal an Dich und alle anderen für die Antworten. Ich finde toll, dass Menschen hier "einfach so" in ihrer Freizeit ihr Fachwissen und ihre Kompetenz teilen, um anderen weiter zu helfen.
Jay

@Jay 2020
Schade, dass Sie den Betrag so verstanden haben und direkt auf sich bezogen.
Sorry, so sollte er nicht ankommen.

@ all
Skandalös wie hierzulande „Kontaktlinsenversorgung“ abläuft - verantwortliches Vorgehen sieht anders aus.
• Verbraucher, die aus Bequemlichkeit und/oder aus finanziellen Erwägungen keine regelmäßigen Kontrollen
der Augen durchführen lassen.
• Augenoptiker, die beim Nachkauf neuer Kontaktlinsen keine Augeninspektion beim Kundenauge durchführen
und nur Päckchen über die Theke reichen - ohne aufklärende Hinweise.
• Kontaktlinsenträger, die keine regelmäßigen Pausen einlegen, damit das Auge mal wieder viel Sauerstoff erhält
• Anpasser, die diesen Aspekt nicht thematisieren.
• Augenärzte, die bei ungünstigen Auswirkungen des Linsentragens bei Patienten keine klaren Worte sprechen.
• rechtliche Rahmenbedingungen, die unzureichend sind und suboptimale Umstände ermöglichen
...u.s.w.

Diejenigen, die es anders handhaben, sollten sich nicht angesprochen fühlen.
Schließlich gibt’s auch verantwortungsvolle Anpasser und Nutzer.

Dass es besser geht, habe ich durch britische Kunden erlebt. Wenn diese sich in Großbritannien Kontaktlinsen anpassen ließen und eine regelmäßige Nachlieferung vereinbarten, bekamen sie die Kontaktlinsen erst nach einer Kontrolle ausgehändigt.
Bei Auslandsaufenthalten mussten sie eine Unbedenklichkeits-Bescheinigung für das heimatliche KL-Institut besorgen, erst dann wurde geliefert.

Distel hat geschrieben:Dass es besser geht, habe ich durch britische Kunden erlebt. Wenn diese sich in Großbritannien Kontaktlinsen anpassen ließen und eine regelmäßige Nachlieferung vereinbarten, bekamen sie die Kontaktlinsen erst nach einer Kontrolle ausgehändigt.

Mit Briten und Kontaktlinsen wäre ich vorsichtig...https://www.stern.de/gesundheit/england ... 39512.html

@GodEmperor
Jawohl, der einmalige Sonderfall war vor einigen Jahren das perfekte Thema für die internationale Presse. ...auch in Deutschland!
Im Netz gibt’s eine Vielzahl von Interviews mit Medizinern, die von Journalisten zu deren Erfahrungen befragt wurden.

Auszug aus dem Online Shop, einer großen deutschen Filialkette
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Geht‘s noch? ...seriöse Kundenbetreuung stelle ich mir anders vor. Hauptsache... der Umsatz stimmt.

Es ärgert mich, dass oftmals Verbrauchern die Kontaktlinsennutzung so simpel dargestellt wird und wesentliche Basics vorenthalten werden. Sachliche Informationen zu erforderlichen späteren Kontrollen und einer zusätzlichen Brillenversorgung sollten im Rahmen einer Anpassung erörtert werden. Spätere Erinnerungen daran, spätestens bei der Nachversorgung gehören dazu.

Was der Kontaktlinsennutzer macht, ist seine freie Entscheidung - aber Informationen dazu, sollten übermittelt werden.