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Einstärkengläser
Verfasst: Dienstag 5. April 2022, 18:51
von hhjung1979
Moin,
Leider hat auf den letzten Beitrag keiner von euch Fachleuten geantwortet, die Frage war wie folgt:
Was haben Einstärkengläser für Qualitätsunterschiede? Bei Gleitsichtgläsern ist ja schon klar , Sehbereiche , Progressionsfläche und und und.
Aber nehmen wir ein normales Einstärkenglas im Index 1.5, spielt es da eine Rolle ein günstiges Glas zu nehmen oder doch eher ein Hochwertiges von Zeiss oder Rodenstock, ich Frage mich das Mal deshalb, ich habe einmal Biometrische Einstärkengläser von Rodenstock, bestes sehen, gute Beschichtung etc. Preis ca 560 Euro, jetzt habe ich als 2. Brille Günstige Gläser von Starvision (wohl ne Tochterfirma von Seiko) habe die Jet Star im Index 1.5 zu 98 Euro das Paar, was soll ich sagen, damit gucke ich genau so gut, daher die Frage.
Re: Einstärkengläser
Verfasst: Mittwoch 6. April 2022, 09:16
von Onkel Bob
moin min jung...
das ist in der tat eine schwierige frage - ich versuche mich mal mit einer antwort.
das sog. markenglas was deutlich teurer ist punktet mit
exakter fertigung und
allerbester oberfläche - obwohl es 'von aussen' genauso aussieht wie ein günstigeres glas aus z.b. unbekannter fertigung.
ich mache die auswahl und die letztendliche lieferung abhängig von zwei faktoren:
a)
'WAS sieht mein kunde überhaupt

ein kunde mit z.b. visus von
0,63 muss nicht ein biometrisches glas bekommen
AUSSER er wünscht explizit dieses
b) den anspruch des kunden - es gibt kunden die wollen ausschließlich nur 'das beste' haben. das zieht sich bei dieser klientel wie ein roter faden durch alle bereiche des konsums...autos, toaster, schuhe, bekleidung, zähne...etc, etc, etc...
ein kleines beispiel aus dem täglichen alltag:
ich erlaube mir den luxus
jedes glas zur sicherheit nochmal nachzumessen. bei dem markenglas ist die gelieferte stärke auf fast zwei stellen hinter dem komma exakt so wie ich sie bestellt habe. bei einigen sehr günstigen gläsern ist da die 'toleranz' manchmal
SEHR weit ausgelegt...
verstehste was ich meine

Re: Einstärkengläser
Verfasst: Mittwoch 6. April 2022, 12:36
von And
.. ich hänge mich mal mit folgender Frage an: was soll "biometrisch" bei Einstärkengläsern sein? Welche Extra-Parameter fließen da mit ein, welche nicht ohnehin schon immer von der Optiker:in gemessen werden?
Worauf genau werden "biometrische" Einstärken-Gläser individuell optimiert? Gibt es da evtl. irgendwo eine technische Beschreibung (ohne blumige Marketing-Wortblasen)?
@Onkel Bob: gibt es für den lokalen Optiker:in eine Möglichkeit, die Oberflächengüte zu testen? Sowas in dieser Richtung:
https://quality-engineering.industrie.d ... ntmessung/
nur eben für Brillengläser? Oder sprengen solche Geräte den finanziellen Rahmen?
letzte Frage: gibt es eigentlich
unabhängige Tests von Brillengläsern bezüglich genau solcher Daten?
Re: Einstärkengläser
Verfasst: Mittwoch 6. April 2022, 14:09
von Karoshi
Die angebotenen Gläser sind dann die richtigen, wenn sie bedarfsgerecht sind (und nicht die beste Marge haben oder am billigsten sind oder oder oder...) Hat man das verinnerlicht, klappt das auch alles.
Biometrisch würde ich so beschreiben:
Es wird eine Simulation erstellt von einem Augenpaar und dem Glaspaar in mit Individueller Stärke, Abstand zum Auge, verschiedenen Winkeln.
Dann wird berechnet wie sich das Licht für verschiedene Blickrichtungen bricht und die entstehenden Fehler werden dann soweit möglich kompensiert.
Wie du dir vorstellen kannst ist das beliebig kompliziert (hab von 10k bis 120k Berechnungspunkten gelesen). Deswegen gibt es da Abstufungen.
(Raytracing wär so ein Stichwort)
Zum Kontrollgerät: Wär sicherlich interessant, absolut, aber die Energie und das Geld ist sicherlich an anderer Stelle viel besser investiert, weil ändern würde es genau nix im täglichen Betrieb. Am Ende des Tages musst du dich auf deine Lieferanten verlassen (können).
Re: Einstärkengläser
Verfasst: Mittwoch 6. April 2022, 14:14
von hhjung1979
Onkel Bob hat geschrieben:moin min jung...
das ist in der tat eine schwierige frage - ich versuche mich mal mit einer antwort.
das sog. markenglas was deutlich teurer ist punktet mit
exakter fertigung und
allerbester oberfläche - obwohl es 'von aussen' genauso aussieht wie ein günstigeres glas aus z.b. unbekannter fertigung.
ich mache die auswahl und die letztendliche lieferung abhängig von zwei faktoren:
a)
'WAS sieht mein kunde überhaupt

ein kunde mit z.b. visus von
0,63 muss nicht ein biometrisches glas bekommen
AUSSER er wünscht explizit dieses
b) den anspruch des kunden - es gibt kunden die wollen ausschließlich nur 'das beste' haben. das zieht sich bei dieser klientel wie ein roter faden durch alle bereiche des konsums...autos, toaster, schuhe, bekleidung, zähne...etc, etc, etc...
ein kleines beispiel aus dem täglichen alltag:
ich erlaube mir den luxus
jedes glas zur sicherheit nochmal nachzumessen. bei dem markenglas ist die gelieferte stärke auf fast zwei stellen hinter dem komma exakt so wie ich sie bestellt habe. bei einigen sehr günstigen gläsern ist da die 'toleranz' manchmal
SEHR weit ausgelegt...
verstehste was ich meine

Danke, alles verstanden
Re: Einstärkengläser
Verfasst: Mittwoch 6. April 2022, 14:37
von And
@Karoshi: Danke! Also sind das quasi Freiform-Gläser nur ohne den Geitsichtaspekt..
hier steht ein bisschen was:
https://www.ophthalmica.de/brillenglaeser/einstaerken/
Re: Einstärkengläser
Verfasst: Mittwoch 6. April 2022, 15:36
von Lutz
And hat geschrieben:was soll "biometrisch"[...] sein?
Im Idealfall erzeugt bei jeder Blickrichtung des beweglichen Auges hinter dem feststehenden Brillenglas letzteres ein scharfes Bild in ersterem. (Oder: die Bildschale des Brillenglas ist identisch mit der Fernpunktschale des Auges.) Um das Brillenglas exakt berechnen zu können, benötigt man die Lage des Augendrehpunktes. Nimmt man für die Berechnung einen durchschnittlichen Wert für die Augendrehpunktlage, der vom individuellen Wert abweicht, ist die Abbildung nicht mehr ideal; die Abweichung (in dpt) ist umso größer, je größer die Abweichung bzgl. der Augendrehpunktlage, je größer der Korrektionswert und je größer die seitliche Auslenkung der Blickrichtung ist.
[Persönliche Anmerkung: soweit ich das mathematisch überblicke, dürfte dieser Aspekt für die meisten Brillenträger aufgrund der zu geringen Korrektionswirkung nahezu irrelevant sein. Anders ausgedrückt: für Korrektionswerte um 9 dpt komme ich - näherungsweise - bei einer Blickdrehung von 60° und einer Abweichung der tatsächlichen Augendrehpunktlage von 5 mm gegenüber der bei der Glasberechnung angenommenen auf einen Fehler von ungefähr 0,25 dpt. Mir fehlt allerdings gerade eine Statistik, wie häufig eine solche Abweichung vorkommt.]
Es macht natürlich schon einen Unterschied, ob ich für die Berechnung des Brillenglases einen Durchschnittswert über alle Augen nehme (schlechter), oder ob ich einen Durchschnittswert für die jeweilige Fehlsichtigkeit zugrunde lege (besser). In letzterem Fall hätte ich dann auch ein "biometrisch" optimiertes Glas, ohne eine individuelle biometrische Messung vorgenommen zu haben, da Fehlsichtigkeit und Augenlänge häufig miteinander korrelieren.
Re: Einstärkengläser
Verfasst: Donnerstag 7. April 2022, 10:35
von And
Lutz, super, herzlichen Dank für die Details und Einsichten.
Wäre es eigentlich möglich, mit einem individuell vermessenen Glas zumindest genau bei Blick durch die optische Achse auch Abberationen höherer Ordnungen (z.B. Coma, Trefoil) zu korrigieren? Oder verschlimmert das dann die Abbildungsqualität bei Augenbewegungen, also Blick durch periphere Glasbereiche (im Vergleich zur - meines Wissens bisher ausschließlichen Astigmatismuskorrektur?)
--edit - gerade gefunden im Netz:
https://www.allaboutvision.com/conditio ... ations.htm
zumindest hier wird behauptet, daß solche higher-order abberations mit Freeform Gläsern / "wavefront lenses" reduziert werden können:
https://www.allaboutvision.com/lenses/w ... lenses.htm
nur stimmt das wirklich? Ich meine einmal gelesen zu haben, daß man mit Brillengläsern nur den Astigmatismus korrigieren kann, denn im Gegensatz zur Kontaktlinse bleibt das Glas statisch vorm Auge und die Korrektur für higher-order Abberationen passt nur genau beim Blick durch die optische Achse. (Was allerdings - siehe oben - möglicherweise auch schon mal nett wäre, falls sich dann die periphere Sicht im Vergleich zur normalen Astigmatismus-Korrektur nicht weiter verschlechtert)
Re: Einstärkengläser
Verfasst: Freitag 8. April 2022, 08:54
von Karoshi
Man kann sicher viel machen, aber der Mensch hat halt nun mal einen Puls und ist nicht symmetrisch.
Irgendwann optimiert man nur noch für schönere Ergebnisse von den Berechnungsformeln und nicht mehr für den tatsächlich spürbaren Effekt.
Pseudogenauigkeit.
Diese Korrekturen sind besser aufgehoben bei Mikro- und Teleskopen, Präzisionsoptiken, Objektiven usw.
Auf der Nase ist das ganz oft mehr Schein als Sein.
Re: Einstärkengläser
Verfasst: Samstag 9. April 2022, 13:29
von And
@Karoshi: vielen Dank - das hab ich schon befürchtet. Schade, das wäre sonst vielleicht ein Hoffnungsschimmer gewesen für Menschen, die sich irgendwo zwischen "normalem" regulärem Astigmatismus und stärker ausgeprägten Aberrationen höherer Ordnung wiederfinden. Bleibt also weiterhin nur die harte Kontaktlinse - leider schwierig für die große Zahl der 8h Bildschirmarbeiter. Wieviel Prozent dieser Population leidet wohl unter trockenen Augen? > 50%?