Warum keine gescheiten Gläser?
Verfasst: Dienstag 4. Dezember 2007, 19:04
Kürzlich habe habe -- nach (zu) langer Zeit -- wieder einmal meine Sehstärke überprüfen lassen, und siehe da, es hat sich einiges geändert. Links blieben die Werte fast gleich, doch rechts brauche ich mittlerweile ein deutlich stärkeres Glas (bisher +1 dpt, jetzt +2,25 dpt). Prompt versuchte mir der Optiker, Hoya-Kunststoffgläser mit n = 1,6 aufzuschwatzen. Und ich Depp habe zugestimmt.
So ein Optiker wird nicht müde, die Vorteile höherbrechenden Glases zu preisen -- doch die Nachteile muß man selber herausfinden, nachdem die Brille fertig und bezahlt ist. Höherbrechendes Glas hat nämlich auch eine höhere Dispersion (niedrigerer Abbé-Wert), so daß alle kontrastreichen Kanten mit einem Feuerwerk von Farbsäumen verziert werden. Die Abbildungsleistung entspricht der eines Spielzeug-Fernglases aus Plastik für Kinder. Betrachte ich z. B. Fotos durch eine Brille mit 1,6er Gläsern, so sehen die aus wie mit einer Lomo aufgenommen.
Zu allem Überfluß hatte jener Optiker auch die Zylinderachse des rechten Glases um etwa 10° verdreht zurechtgeschliffen. Nachdem er mich auch noch belog, als ich über die schlechte Abbildungsleistung und die Verzerrung des rechten Glases klagte ("bestes Material, besser geht's nicht, mit anderen Gläser würde die Farbsäume eher noch schlimmer, und an die Verzerrung gewöhnt sich das Auge schon"), gab ich ihm die Brille zurück, ließ mir den (stattlichen) Kaufpreis erstatten und ging zu Fielmann. Da bekam ich eine prima Brille für ein Fünftel des Preises -- zwar nicht ganz so federleicht, dafür ohne Farbsäume, ohne Verzerrungen und ohne Lügen.
Durch die miserable Beratung (um nicht zu sagen: den Betrug) beim Edel-Optiker sah ich mich gezwungen, mich selber einmal schlau zu machen über Brillen, Augenoptik und Gläser. Zu meiner Überraschung mußte ich lernen, daß als 1,5er Mineralglas heute noch bei allen Glasherstellern ein kurz nach dem Ersten Weltkrieg eingeführtes Material zum Einsatz kommt, als 1,5er Kunststoffglas ein während des Zweiten Weltkrieges entwickeltes Material (CR-39), und die 1,6er und 1,7er Gläser aus den '70er Jahren stammen.
Frage: Warum werden die Brillenträger von heute mit diesen jahrzehntealten Gläsern gepestet? Warum gibt's bis heute kein Brillenglas, welches hochbrechend ist und eine niedrige Dispersion besitzt, nicht einmal für viel Geld? Warum kommen bei höheren Stärken keine achromatischen Gläser aus zwei verkitteten Linsen zum Einsatz? Im Schott-Katalog gibt's Gläser mit Brechungsindex 1,6 und Abbé-Werten über 60. In der Fotooptik und bei Ferngläsern und Fernrohren sind solche (und noch ganz andere) Gläser seit Jahrzehnten Standard, doch in der Brillenoptik geht's im Vergleich geradezu mittelalterlich zu.
Warum ist das so?
-- Olaf

So ein Optiker wird nicht müde, die Vorteile höherbrechenden Glases zu preisen -- doch die Nachteile muß man selber herausfinden, nachdem die Brille fertig und bezahlt ist. Höherbrechendes Glas hat nämlich auch eine höhere Dispersion (niedrigerer Abbé-Wert), so daß alle kontrastreichen Kanten mit einem Feuerwerk von Farbsäumen verziert werden. Die Abbildungsleistung entspricht der eines Spielzeug-Fernglases aus Plastik für Kinder. Betrachte ich z. B. Fotos durch eine Brille mit 1,6er Gläsern, so sehen die aus wie mit einer Lomo aufgenommen.
Zu allem Überfluß hatte jener Optiker auch die Zylinderachse des rechten Glases um etwa 10° verdreht zurechtgeschliffen. Nachdem er mich auch noch belog, als ich über die schlechte Abbildungsleistung und die Verzerrung des rechten Glases klagte ("bestes Material, besser geht's nicht, mit anderen Gläser würde die Farbsäume eher noch schlimmer, und an die Verzerrung gewöhnt sich das Auge schon"), gab ich ihm die Brille zurück, ließ mir den (stattlichen) Kaufpreis erstatten und ging zu Fielmann. Da bekam ich eine prima Brille für ein Fünftel des Preises -- zwar nicht ganz so federleicht, dafür ohne Farbsäume, ohne Verzerrungen und ohne Lügen.
Durch die miserable Beratung (um nicht zu sagen: den Betrug) beim Edel-Optiker sah ich mich gezwungen, mich selber einmal schlau zu machen über Brillen, Augenoptik und Gläser. Zu meiner Überraschung mußte ich lernen, daß als 1,5er Mineralglas heute noch bei allen Glasherstellern ein kurz nach dem Ersten Weltkrieg eingeführtes Material zum Einsatz kommt, als 1,5er Kunststoffglas ein während des Zweiten Weltkrieges entwickeltes Material (CR-39), und die 1,6er und 1,7er Gläser aus den '70er Jahren stammen.
Frage: Warum werden die Brillenträger von heute mit diesen jahrzehntealten Gläsern gepestet? Warum gibt's bis heute kein Brillenglas, welches hochbrechend ist und eine niedrige Dispersion besitzt, nicht einmal für viel Geld? Warum kommen bei höheren Stärken keine achromatischen Gläser aus zwei verkitteten Linsen zum Einsatz? Im Schott-Katalog gibt's Gläser mit Brechungsindex 1,6 und Abbé-Werten über 60. In der Fotooptik und bei Ferngläsern und Fernrohren sind solche (und noch ganz andere) Gläser seit Jahrzehnten Standard, doch in der Brillenoptik geht's im Vergleich geradezu mittelalterlich zu.
Warum ist das so?
-- Olaf