Gleitsicht: Auswirkung von Addition im Lesebereich auf Fernbereich

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momo_280
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Gleitsicht: Auswirkung von Addition im Lesebereich auf Fernbereich

Beitrag von momo_280 »

Moin,

ich habe mal eine Verständnisfrage zur Gleitsichtbrille:
Angenommen, ich habe zwei Brillen mit der gleichen Fassung und der gleichen Glasart (Hersteller, Qualität etc.) und gleicher Zentrierung. Bei beiden Brillen sind die Werte für den Fernbereich komplett identisch (Sphäre im niedrigen Plusbereich, kein Astigmatismus), aber die eine Brille hat unten im Lesebereich einen Additionswert von +1,5 und die andere Brille +2,25.
Mir ist bekannt, dass, je höher die Addition im Lesebereich, desto schmaler der nutzbare Sichtbereich (im Nah- und Mittelfeld), da die Unschärfebereiche größer werden.
Mit der +2,25er Brille hätte man also (bei gleicher Glasauswahl) einen schmaleren Sichtbereich als mit der +1,5er.
Wie sieht es nun aber mit den Unschärfebereichen im Fernbereich aus? Hat die Höhe der Addition im Lesebereich aus schleiftechnischen Gründen eine Auswirkung auf die Breite des nutzbaren Sichtbereiches im Fernteil? Beispielsweise, indem sich der Schärfebereich auch im Fernbereich verengt, dadurch, dass sich Unschärfebereiche aus dem Nahteil weiter nach oben ziehen? Oder bleibt der Fernbereich komplett unberührt davon und man muss eben nur mit den schmaleren Sichtbereichen im Nahbereich leben?
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optidi
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Re: Gleitsicht: Auswirkung von Addition im Lesebereich auf Fernbereich

Beitrag von optidi »

Ja, wirkt sich auf den Fernbereich aus. Wieviel ist vom Glasdesign abhängig.
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momo_280
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Re: Gleitsicht: Auswirkung von Addition im Lesebereich auf Fernbereich

Beitrag von momo_280 »

@optidi,
vielen lieben Dank! Könntest Du das mit dem Glasdesign eventuell ein wenig erläutern? Dass es sich bei steigender Glasqualität und somit auch bei einem höheren Preis vermutlich weniger auswirkt (bei steigender Glasqualität werden ja auch die Nahsichtbereiche breiter), ist schon klar, aber gibt es beispielsweise auch Gläser, die speziell für den Autofahrer (der ja einen möglichst weiten Sichtbereich in der Ferne benötigt werden) gefertigt werden und welche, die in Innenräumen ihre Vorteile haben?

Meine ursprüngliche Frage basiert darauf, dass meine frühere (auch noch nicht so alte) Brille eben diese +1,5 Dioptrien im Nahbereich hat, ich jetzt aber eine neue mit +2,25 Dioptrien habe, da sich meine Nahsicht offensichtlich immer schubweise ziemlich stark ändert und die alte Brille nicht mehr ausreichte.
Die Gläser sind jeweils von verschiedenen Herstellern, haben aber meiner Optikerin nach dieselben Qualitätsmerkmale - beide sind bei einem Qualitätsstandard von fünf Stufen bei Stufe drei angesiedelt, also nicht die ganz Billigen, beziehungsweise die teuerste nicht individualisierte Glasform.
Nun habe ich bei den ersten Gläsern (ADD +1,5) aber einen fast uneingeschränkten Fernsichtbereich, während ich meine Augen bei den neuen Gläsern (ADD +2,25) in der Ferne nur minimal nach links oder rechts bewegen kann, ohne in die unscharfen Bereiche zu gelangen. Zentrierung ist absolut ok (meine Augen gleiten überall genau in der Mitte der Sichtbereiche entlang), aber beim Autofahren ist das ziemlich suboptimal.
Da es sich um unterschiedliche Glashersteller handelt (erstes Glaspaar ist ein Varilux von der großen "A"-Kette, das meines Wissens nach für diese Kette von Rodenstock gefertigt wird), das zweite Glaspaar ist vom Haus- und Hoflieferant (dessen Namen ich vergessen habe - rechts und links oben in den Gläsern ist die Gravur "A" zu sehen) meiner ortsansässigen (hier sehr hochgeschätzten) Optikerin, dessen Namen ich vergessen habe.
Da ich durch die neuen Gläser super gut gut sehen kann, aber erschrocken war, wie eingeschränkt mein Sichtfeld jetzt auch in der Ferne ist (obwohl sich da nichts an der Stärke verändert hat), habe ich mich gefragt, ob ich da mit dem Glasdesign eines anderen Glasherstellers vielleicht etwas besser gefahren wäre.
Die neuen Gläser haben gut das Dreifache von den alten gekostet, da hätte ich schon erwartet, dass die eher mehr als weniger hergeben.
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Lutz
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Re: Gleitsicht: Auswirkung von Addition im Lesebereich auf Fernbereich

Beitrag von Lutz »

Hartes Glasdesign: breiter, stabiler Fernbereich, unterhalb der "Mittellinie" tummeln/drängeln sich die Abbildungsfehler. Tendentiell kleiner werdender Nahbereich und stärkere Verzerrungen peripher unten bei zunehmender Addition.

Weiches Glasdesign: weichere Übergänge, Unschärfen auch peripher oberhalb der Mitte, tendentiell eher Einschränkungen in der Peripherie Ferne und weniger stark zunehmende Unschärfen peripher Nähe, weniger stark zunehmende Einschränkungen in der Breite des Nahbereichs bei zunehmender Addition. Oft höhere Spontanverträglichkeit, da weniger starke Verzerrungen in den Randbereichen.

Autofahrer-Gleitsichtgläser: breiter Fernbereich, Unschärfen peripher noch etwas nach unten gedrückt, Anstieg der Stärke zur maximalen Addition abgestimmt auf Sehentfernungen im Auto.

-> Optikerin auf Probleme ansprechen und um Lösung ersuchen.
-> Anmerkung: manches spontane Unwohlsein mit neuen Gläser löst sich durch Gewöhnung in Luft auf. Ist bei mir so, ist bei vielen anderen so, ist aber nicht bei jeder Brillenträger-Brillenglas-Kombination der Fall.
Achtung: der oben sichtbare Text ist in der Zeit entstanden, in der er geschrieben wurden. Er könnte in Zukunft als anstößig empfunden werden. Der Autor wurde sozialisiert durch Otto, Loriot, Astrid Lindgren und ‚Schmidt­einander'.
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momo_280
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Re: Gleitsicht: Auswirkung von Addition im Lesebereich auf Fernbereich

Beitrag von momo_280 »

@Lutz

Vielen herzlichen Dank, das war genau die Information, die ich brauchte.

Ich will sowieso die Tage noch mal zu der Optikerin, weil ich eine neue Computerbrille brauche, und da werde ich das mal ansprechen (damit sie das in der Kundendatei notiert für die nächste Gleitsichtbrille). Ich will diese Brille nun nicht reklamieren, denn sie hat ja alles richtig gemacht und sich enorm viel Zeit bei der Vermessung und dem anschließenden Beratungsgespräch genommen. Außerdem hat sie die Ursache für mein irritiertes Sehen in der Ferne gefunden (ich brauche eine leichte Stärke links, die die automatische Vormessung nicht anzeigt, und die auch bei der kurzen Messung mit dem Phoropter bei den anderen Optikern nicht gleich ersichtlich war), was zwei Optikern davor (die sowohl automatisch als auch händisch gemessen hatten) nicht gelungen ist. Diese Optikerin hat sowohl automatisch als auch händisch mit der 3D-Unterstützung vermessen, was dann wohl auch den Fehler zutage brachte.
Die Sicht ist nun superscharf, nur eben die Unschärfen in der Peripherie im Fernbereich sind ungewohnt für mich. Da bin ich wohl direkt vom harten Glasdesign ins weiche geschlittert.
Kann sie dann ja eventuell bei der nächsten Gleitsichtbrille berücksichtigen, jetzt weiß ich ja, dass ich es erwähnen muss.
Vielen lieben Dank nochmal!
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optidi
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Re: Gleitsicht: Auswirkung von Addition im Lesebereich auf Fernbereich

Beitrag von optidi »

Lass dir mal beim Optiker -0,25 vor die Gleitsichtbrille in der Ferne vorhalten und drehe etwas den Kopf damit du in der Periphärie durchsiehst. Ist es dann breiter, dann liegt es am Glasdesign und die Gläser müssen getauscht werden.
Hintergrund: Die modernen Trueform Gleiter neigen dazu zum Rand hin in der Ferne etwas mehr Pluswirkung zu haben. Das kann man mit -0,25 ausgleichen und es wird breiter.

Gruß
Optidi
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momo_280
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Re: Gleitsicht: Auswirkung von Addition im Lesebereich auf Fernbereich

Beitrag von momo_280 »

@optidi:

Ich habe in der Ferne aber eh schon leichte Pluswerte, links eigentlich +0,5 (die Optikerin ist aber bei +0,25 geblieben, weil das bei mir im Zusammenspiel mit dem rechten Auge besser klappt) und rechts +0,25. Das ist nur sehr wenig, allerdings merke ich es in der Praxis deutlich positiv.
Würde man da jetzt wieder -0,25 draufpacken, käme ich jeweils auf 0,00, was blöd wäre, weil die Sehschwäche nicht ausgeglichen wird.
Oder verstehe ich da was falsch?
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optidi
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Re: Gleitsicht: Auswirkung von Addition im Lesebereich auf Fernbereich

Beitrag von optidi »

Entweder...Oder
Die in der Ferne nicht vollkommen korregierte Fehlsichtigkeit wird akommodativ ohne Probleme ausgeglichen. Dafür erhält man ein fast bis zum Rand nutzbares Gleitsichtglas.

Aber erst einmal durch Vorhalten testen.

Gruß und guten Rutsch

Optidi
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