Die Brille ist nicht ganz ohne Freude. Vielen sehr ans Herz gewachsen, je älter und desto schlechter die Augen werden, desto mehr geschätzt als optisches Hilfsmittel - allerdings nicht mehr mühsam aus Beryll geschliffen und auch sonst die eine oder andere Optimierung erfahren durfte.
Zum einen ist die Brille praktisch, weil man dank ihr besser sehen kann, die Dinge der Ferne, die Dinge der Nähe, die Dinge dazwischen, aber auch des Gegenteils wegen, der Unschärfe. Denn die Brille ist auch ein Schalter, den man einfach umlegen kann. Wird einem die Welt zu viel, braucht man eine Pause, muß man kurz innehalten, dann nimmt man einfach die Brille ab. Und schon wird der Blick unklar, die Dinge scheinen undeutlich, sie werden weich, man lehnt sich zurück ... Mein liebster Fluchthelfer.
Brille, sofern man eine trägt, lässig vom Gesicht nehmen sodass die Welt zwar nicht verschwindet, doch immerhin verschwimmt, ein bisschen auf dem Bügel herumkauen und dabei nachzudenken (denn das kann man dabei sehr gut), das sind Momente des Innehaltens und der Reflexion, welche Nichtbrillenträger nicht erleben und genießen, wofür sie mir fast ein bisschen leid tun.
Max Küng, zitiert aus einer Flugzeug-Lektüre