Servus Vielleser,
zuerst möchte ich deine Aktivität in deinem Forum loben. Als Nicht-Optiker dessen "Problem" (hoffentlich) gelöst wurde, ist es sehr schön nach wie vor noch etwas von dir zu lesen. Es ist wahrscheinlich auch gar nicht schlecht unter der ganzen "Zunft" auch ein paar Externe zu haben, die mit anderen Augen hereinblicken. Schön ist auch die sachliche Schreibweise, die macht eine Argumentation und objektive Diskussion leichter.
Es ist keine Frage, dass es uns als traditionelle Augenopikter (Inhabergeführte Unternehmen mit überschauberer Filialenzahl oder
nur einem Geschäft) ein Dorn im Auge ist, wenn vermeintlich gleiche Produkte zu einem weitaus niedrigeren Preis im Internet angeboten werden. Aber um dein erstes Schlagwort gleich zu entkräften: Internetkonkurrenz -> es ist de facto keine Konkurrenz!
Konkurrenz bedeutet sonst eine echte Alternative, die aber der Kauf im Internet bei einem Produkt wie der Brille
nicht gewährleistet.
Ein ganz banaler Vergleich wäre hierzu eine Spritze vom Arzt in der Praxis vor Ort mit der Online-Bestellung des Präparats und Selbstinjektion.
Es ist für mich einfach ein Unterschied, ob ich zum Beispiel ein Kleidungsstück (Konfektionsgröße) online bestelle und dadurch Geld spare. Natürlich umgeh ich damit den örtlichen Händler, der vllt 5% mehr verlangt, keine Frage! Dennoch nehm ich keine Beratung vorher in Anspruch und nutze damit eine Dienstleistung kostenlos aus um dann günstig online zuzuschlagen. Mach ich im Übrigen bei Kleidung oder Sonstigem wirklich nicht. Entweder online oder vor Ort, aber nicht vor Ort gucken und dann "virtuell Schnäppsche schlagen".
Aber der Vergleich mit Brillenkauf online und der fachgerechten Ausmessung der Augen, Beratung, Anpassung der Brille im Augenoptiker-Geschäft ist einfach nicht machbar, weil sich die Dienstleistungen unterscheiden oder im Falle des Onlinehändler schlicht fehlen. Dadurch fällt auch die Kalkulation logischerweise zu Gunsten des Online-Händlers aus. Jedoch braucht man beim Brillenkauf eine fachgerechte Behandlung des Themas, denn sonst wid auf Kurz oder Lang mit der eigenen Gesundheit und dem Augenlicht gespielt.
Krass gesagt, könnten wir auch die Arme hinterm Kopf verschlagen und abwarten, bis die ersten Schielfehler von falsch-angepassten Brillen vom Online-Händler bei uns vorbeikommen, aber so böse sind wir dann wohl doch nicht.
Vielleser hat geschrieben:Ist es denn wirklich so sehr zuviel verlangt, dass man Laien-Fragestellern vielleicht auch mal ein bisschen Fairplay und Vertrauensvorschuss gewährt?
Der Vertrauensvorschuss ist auf jeden Fall da, sonst würde dieses Forum nicht existieren. Es ist aber uns schlichtweg einfach zu dumm, die "Arbeit" der Onlinehändler zu machen... und das auch noch freiwillig in der Freizeit. Dafür ist meine Dienstleistung einfach zu schade und deswegen verweigere ich da meine Beratungskompetenz.
Fairplay beruht auch immer auf Gegenseitigkeit und wenn nach gewünschten persönlichen Daten zur Problemermittlung eine pappige Antwort kommt, dann versteh ich auch, warum die Kollegen ebenfalls die Segel streichen. Verständlich, oder?
Vielleser hat geschrieben:Und andersrum: Wenn hier so sehr das Hohelied auf die Einzelkämpfer-Optiker vor Ort gesungen wird, wieso müssen dann hier derart viele Fallbeispiele von gründlich missratener Beratung, Falschdiagnosen, handwerklichen Mängeln und regelrechter Kundenverschaukelei thematisiert werden?
Wer sich auf den Schwanz getreten fühlt, der bellt! Es gibt ne Statistik die ungefähr besagt, dass bei einem "vergraulten" Kunden, 7 bis 13 potenzielle (Neu-)Kunden verloren gehen. Bei einem sehr gut versorgten Kunden, der über die Maße hinaus glücklich ist, kommen wir auf circa 3 Neukunden.
Natürlich überwiegt vom Echo immer die Unzufriedenheit, weil es in der Natur des Menschen liegt, bei Nichtgefallen lauter zu sein, als wenn er glücklich ist. Gehen wir nach trockenen Statistiken liegen wir Augenoptiker aber seit Jahren schon sehr weit vorne (lange auf Platz 1) bei der Kundenzufriedenheit. Werf mal ein Blick ins medizin Forum (
http://www.medizin-forum.de/phpbb/) und les dir die Patienten-Fragen und Unsicherheiten durch. Sollte ich nun anhand der Vielzahl Ärzte meiden und immer in Frage stellen?
Knackpunkt der ganzen Diskussion und schwierige Vergleichbarkeit zu anderen Branchen ist und bleibt nunmal die Arbeit am und mit dem Menschen. Jeder Mensch ist individuell und das ist auch gut so. Aber das macht es auch um so komplexer wenn es mit um das wertvollste in seinem Leben geht: das Augenlicht und die Gesundheit dazu.
Die Augenoptik-Branche hat sich nicht aus der Luxus-Industrie entwickelt, sondern kommt aus der Gesundheitsbranche. Dort sind wir nach wie vor verankert, wenn auch lockerer als jemals zuvor. Der Markt schreit nach "optischer Korrektion mit Chic" und wir liefern auch beides in hervorragender Kombination aus. Ich sehe einfach keinen Sinn uns nur noch auf das
Chic zu konzentrieren und würde mich als Verkäufer nicht sehen wollen, denn dafür braucht es nicht eine solche komplexe Aus- und Weiterbildung rund um den Augenoptiker.
Mein Wort zum Sonntag und eine schöne Woche an alle Leser