Womit werden eigentlich "Gestelle" rapariert?

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Hans13
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Womit werden eigentlich "Gestelle" rapariert?

Beitrag von Hans13 »

Hallo Fachleute und Kenner.
Ja, es ist eine komische Frage und Fragestellung.
Aber ich bin es. Ja, der mit den hohen Diptrien und den überdimensionalen Prismen. Ja, ich soll ja auch eine neue Brille bekommen. Doch da zocke ich noch mit meiner Krankenkasse rum schon seit 3 Monaten. Ich habe sogar schon an den Vorstandsvorsitzenden geschrieben um die Angelegenheit zu beschleunigen. Bei der Gelegenheit habe ich denen auch gleich noch ein paar Paragraphen um die Ohren gehauen und andere Fundstellen aufgezeigt.
Zu meiner eigentlichen Frage.
Wie kann es anders kommen: Meine altgediente Brille habe ich mittig durchgebrochen. Das Material ist wohl auch schon mit den Jahren etwas porös geworden. Das ist ja normal. Über die Material-Art kann ich mich nicht festlegen. Es wird wohl ein sogg. Horngestell sein. Entschuldigt bitte den Ausdruck, doch anders kenne ich das Meterial nicht. Auf jeden Fall kein Metall.
Aus meiner ganz früheren Brillentragezeit weiß ich noch, dass man auch solch ein Gestell mal "geschweißt" oder "geklebt" hat.
Kann mir von euch Fachleuten jemand verraten wie und womit ihr so etwas wieder zusammenflicken könntet?
Von den Bügeln habe ich schon einige selbst mal repariert, als mir mein Optiker gesagt hat, dass er keine Bügel mehr für die Fassung bekommt. Diese Reperatur war relativ einfach. Mit 2-Komponentenkleber dick eingepinselt, Gewebeband rum, trocknen lassen und dann ganz, ganz vorsichtig mit Feinmechanikerfeilen alles wieder zurechtgefeilt. Fertig.
Ja, so bin ich dann halt mal ein Jahr oder so rumgelaufen.
Nun bin ich mal gespannt, wie solch eine Reperatur von einem Fachmann angegangen wird.

Danke für eure Antworten.

MfG
Hans13

PS: Klar habe ich noch eine Ersatzbrille. Doch auf dieser habe ich nur einseitig diese Prismenfolie von.....Dioptrien. Mit sowas kann man nicht so wirklich richtig seinen Tag zubringen.
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palmi
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Re: Womit werden eigentlich "Gestelle" rapariert?

Beitrag von palmi »

Servus Hans,

bei den meisten Kunststofffassungen für Korrektionsbrillen handelt es sich um ein Acetat-Material. Wenn zum Beispiel mal am Mittelteil das Verbindungsstück bricht, kann es durch das sogenannte Kitten wieder zusammengefügt werden. Dank der Flüßigkeit Aceton ( http://de.wikipedia.org/wiki/Aceton ) wird die Bruchstelle regelrecht aufgeweicht und dann durch (leichten) mechanischen Druck wieder zusammengefügt. Das ist allerdings nicht an jeder beliebigen Bruchstelle einwandfrei möglich, da wir nie die hundertprozentige Stabilität wie davor erreichen werden.
Um so älter das Material ist, um so meist schwieriger wird das Kitten, da der Weichmacher ebenfalls aus dem Kunststoff langsam entweicht. Das Material wird spröde. Das Kitten macht dann meist nur noch wenig Sinn.
Auch an Stellen, an denen beispielsweise die Nut (die Vertiefung im Rahmen, in denen das Brillenglas festgehalten wird) verläuft, ist eine Reparatur meist ausgeschlossen, da diese durch das Kitten beschädigt wird. Außerdem entsteht hier sehr viel Zugspannung wenn das Brillenglas eingesetzt wird, so dass die Stelle höchstwahrscheinlich sofort oder unmittelbar wieder bricht.

Kleber werden bei uns zumindest kaum verwendet, da das Kittverfahren meist die allerbeste Lösung ist. Wenn der Kunde unbedingt darauf besteht und eine Reparatur an einer Stelle gemacht haben will, die wir als kritisch ansehen, kann man gerne Kleber probieren, aber die Chancen sind bescheiden.

Problem ist heutzutage allerdings die nachlassende Qualität der Acetat-Materialien bzw. weitere Kunststoffe, deren Verarbeitung wie mit dem Kittverfahren nicht mehr möglich sind. Vorteil der früheren Kunststoff / "Horn"-Brillen war die gute Qualität des Ausgangsmaterials und damit auch die gute Bearbeitung in der Werkstatt.


Auch in der Augenoptik ist die so genannte "Wegwerfgesellschaft" leider angekommen und oftmals lohnt sich eine Neuanschaffung eher, als die Reparatur, sofern sie eben überhaupt möglich ist.

Schönes Wochenende,
palmi
Zuletzt geändert von palmi am Freitag 1. Juli 2011, 23:50, insgesamt 1-mal geändert.
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nixblicker
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Re: Womit werden eigentlich "Gestelle" rapariert?

Beitrag von nixblicker »

Danke palmi,

Da sieht man mal wieder:

Auch eine blitzbirne muss nicht unbedingt 2 linke hände haben...

in desem sinne,

:mrgreen: Einen tollen urlaub für dich :mrgreen:
Schau doch mal rein: www.glashaus-bremerhaven.de
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Hans13
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Re: Womit werden eigentlich "Gestelle" rapariert?

Beitrag von Hans13 »

Danke Palmi.
Kann es sein, dass solch ein Acetonkleber in den meisten sogg. Sekundenklebern drinnen ist oder verwechsle ich da wieder etwas?

MfG
Hans13
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palmi
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Re: Womit werden eigentlich "Gestelle" rapariert?

Beitrag von palmi »

Servus Hans,

da verwechselst du etwas. Aceton ist in dem Sinne kein Kleber, sondern eine Flüßigkeit mit der eine chemische Reaktion in Verbindung mit dem Kunststoff stattfindet. Aceton verbindet die Materialen im ersten Moment überhaupt nicht, im Gegenteil, es weicht den Kunststoff noch mehr auf und dieser quirlt regelrecht auf. Dadurch ist es aber möglich, die Bruchstellen mit einander zu verbingen und nach einer Trocknungszeit von einigen Stunden, verbinden sich die Polymere bzw. Makromoleküle gehen wieder über die Bruchstelle hinweg Verbindungen ein. Aber den genauen Prozess kann ich dir grad ausm FF nicht sagen :D

Aceton ist aber zum Beispiel Bestandteil von Nackellackentferner.
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Hans13
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Re: Womit werden eigentlich "Gestelle" rapariert?

Beitrag von Hans13 »

Hallo Palmi.
Herzlichen Dank auch für deine Ausführung in Sachen Chemie. War interessant für mich.
Selbstverständlich werde ich nun mein Gestell nicht wieder brechen, um es mit Aceton zu kleben. Mit einem 2-Komponentenkleber habe ich es ja wieder so einigermaßen hinbekommen am Steg. Ist zwar etwas ....na ja nicht so ganz gerade....aber was soll ich machen. Nun sehe ich halt auch wieder mal doppelt.
Wie ein Hund. Man gewöhnt sich auch an Schläge. Und leiden muss ich wegen der Brille und dem schlechten Sehen schon seit meiner Kindheit. Du kannst mir glauben oder nicht, aber auch so etwas prägt einen Charakter. Man wird geduldsamer, geduckter etc. und nimmt viel mehr im Leben hin als andere.

MfG
Hans13
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Hans13
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Re: Womit werden eigentlich "Gestelle" rapariert?

Beitrag von Hans13 »

Hallo Palmi.
Nun möchte ich bestimmt nicht, dass jeder seine Brille selbst repariet.
Dennoch danke ich nochmal ganz herzlich. Von dir gelesen, gekauft und ausprobiert. Und was soll ich sagen, es hat wunderbar geklappt. Selbstverständlich ist die Klebestelle bei weitem nicht so exakt wie bei euch Fachleuten. Doch was soll ich in meiner Situation noch anderes machen. Ich warte nämlich immer noch auf meine neue Brille. Wenn ich mit der alten Brille zum Optiker gehe, ist es für den genau so ein Risiko wie für mich. Zu meinem eigenen Optiker müsste ich mal locker so 30 km mit dem Zug und so....Dann habe ich es selbst probiert und es hat ja funktioniert. Bestimmt so sechs mal habe ich die Bruchstelle von allen Seiten fein säuberlich eingepinselt. Es hat sich dann auch so ein winzig kleiner Wulst gebildet.
Der Brillensteg hält und passt. Die Bügel biege ich mir ohnedies selbst zurrecht wenn mal was zwickt und drückt.

Ich wollte euch hier nur mein "Erfolgserlebnis" mitteilen.
Danke das ihr mir "zugehört" habt.

MfG
Hans13
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palmi
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Re: Womit werden eigentlich "Gestelle" rapariert?

Beitrag von palmi »

Servus Hans,

auf jeden Fall schön das es mit einer neuen Brille bei dir nun klappt. Jeder ist ja seines eigenes Glückes Schmied und wenn du mit dem Ergebnis bei der selbstreparierten Brille so zufrieden bist, dann auch gut ;)
Zuhörer findest du hier auf jeden Fall ;)

Alles Gute!
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