Interessante Debatte, darf ich trotz alledem bei all der geballten Optikerfachleute-Diskutantenübermacht auch als ganz normaler Optikerkunde mal ein Wort einfließen lassen?
Vorneweg, die Bedenken gegenüber Onlineoptikern verstehe ich voll und ganz, und ich würde mir selbst dort auch nicht mehr als vielleicht eine Zweit-Lesebrille oder Zweit-Arbeitsplatzbrille anfertigen lassen, die ich bedenkenlos auch in der Hobbywerkstatt tragen kann und bei der im Zweifelsfall nicht viel Geld futsch ist, wenn die Gläser dort wegen Farb-, Teer- oder Ölspritzern oder sonstigen Rückständen, Kratzern, Macken etc. Schaden nehmen (es gibt gewisse Handwerkerarbeiten, die macht man gerade als Brillenträger eben OHNE die ollen Baustellen-Schutzbrillen, wenn man DETAILGENAU arbeiten machen muss - glaubt's mir, ich habe das nach Jahrzehnten intensiver Hobbyschraubertätigketi gerade als relativ frischgebackener "Full-time"-Brillenträger verdammt schnell gelernt bzw. lernen müssen
).
Obendrein habe ich meinen bisherigen Brillen- und Refraktionsbedarf bisher auch weder bei den hier so viel geschmähten Ketten von F.... oder A.... (oder pro-Dingsbums) gedeckt und gedenke, das auch weiterhin so zu halten.
ABER:
Es kommt mir hier so vor, als hat die Thread-Eröffnerin mit dem Vergleich mit Online-Optikern nicht nur in ein Wespennest gestochen, sondern obendrein bloß noch eins draufgesetzt auf die (sicherlich aus Sicht des "Einzelkämpfer"-Ladens fachlich nicht ganz unberechtigte) Phobie gegen Ketten von F..... oder A.....
ALSO DENN - Hand aufs Herz, liebe Optiker-Einzelkämpfer:
Wenn ich eure Appelle an den Standort Deutschland UND an ordentliche Bezahlung der Mitarbeiter UND an die Statteil- und Ladenstruktur (Vermeidung von Leerständen usw.), richtig verstehe, dann ist es also so:
- Ihr deckt selbstverständlich Euren gesamten Elektronik-, Hifi-, Konsumelektronik-, Video- usw. -bedarf in den kleinen inhabergeführten "Einzelkämpfer"-Geschäften und weder bei MediaMarkt noch bei Saturn noch bei den als Einzelbetrieben getarnten, verkappten Ketten mit dem "EP:..." über der Tür?
- Euren Heimwerkerbedarf kauft ihr selbstverständlich bei den inhabergeführten Eisenwaren- und Werkzeugläden, bei denen der Besitzer noch hinter der Theke steht und euch aus einer ganzen Wand voller Regelschubladen die Schrauben oder Nägel einzeln rausholt und ggf. auch stückweise verkauft, und nicht etwa bei Obi, Hornbach oder ...?
- Euren Haushaltsbedarf deckt ihr selbstverständlich im Haushaltswarengeschäft alter Schule und nicht in den genannten Baumärkten?
- Wenn ihr Handwerkeraufträge vergebt, achtet ihr stets darauf, dass die Handwerker nebst deren Mitarbeiter vor Ort ansässig sind, auch wenn sie vielleicht nen Eurofuffzich mehr kosten, und diese nicht von irgendwoher irgendwelche Billigheimer als Lohnsklavenkolonnen als "Subunternehmer" aus dem Ausland herankarren?
- Gardinen, Bettwäsche usw. werden beim inhabergeführten Aussteuer- und Textiliengeschäft und nicht etwa bei den Mammuts, XXXdingsbums oder sonstigen Molochen auf der grünen Wiese erworben?
und nicht zuletzt:
- Auch bei Lebensmitteln gebt ihr dem Tante-Emma-Laden an der Ecke (zur Stärkung der Geschäftsstrukturen im Ortsteil) den Vorrang?
und - und da schließt sich der Kreis zu der ganzen INTERNET-Bestellgeschichte:
- Eure Bücher aller Art, egal ob Fach- oder Triviallektüre - bringt euch nicht etwa ein Mausklick bei Amazon, sondern ihr geht schön in den inhabergeführten Buchhandel, der euch gerne ausführlichst berät und die gesuchten Titel, so nicht vorrätig ggf. 1 bis 2 Tage später - KNO sei Dank - schon zur Abholung bereithält?
All dies nicht zuletzt zur Stärkung der mittelständischen Gewerbe- und Einzelgeschäftestruktur.
Hand aufs Herz: Wer von euch kann ALLE obigen Fragen immer, bedingungslos und jederzeit (!!) mit JA beantworten?
Wie? Bei soundsovielen Fallbeispielen lautet die Antwort: "Ja, so einen Laden gibt es aber bei uns schon lange nicht mehr"?
Nun denn - dann fragt euch bitte selbst: Hat euer früheres Einkaufsverhalten in diesen Sparten dazu beigetragen, diese Geschäfte am Leben zu halten, oder hat es mit zu deren Garaus beigetragen?
Ihr seht, die Entwicklung, die die inhabergeführten Optikergeschäfte (zu Recht) beklagen, ist allenfalls das ENDE einer sehr, sehr langen und leidigen Entwicklung, bei der aber keine Branche auf Dauer verschont bleiben wird, wenn nicht gewisse Anpassungen an die heutige Situation erfolgen.
Wohlgemerkt: Ich drücke allen inhabergeführten Geschäften dieser Branche die Daumen, dass sie sich noch lange behaupten können. Aber es wäre schön, wenn vielleicht jeder, der selbst als Inhaber oder Mitarbeiter in einem solchen Betrieb zu tun hat, gelegentlich bei diesen Debatten kurz darüber nachdenkt, was er durch sein EIGENES Verhalten dazu beigetragen hat, dass diese von ihm als unschön erkannte Entwicklung auch in ANDEREN Branchen nach Kräften verzögert oder gar abgeblockt wird. Das wäre der Ehrlichkeit der Debatte sicher dienlich.
SIehe z.B. Amazon oder - ärger noch - buch.de (der verlängerte Internetarm von Thalia, die - Recherche auf Spiegel Online hilft weiter - kleinen inhabergeführten Buchläden schon reihenweise den Garaus gemacht hat, erst durch Filialisten vor Ort, dann auf der Internetschiene). Kommt einem bekannt vor, das Szenario? Ei der Daus ...
Nix für ungut, aber ihr sehr es mir hoffentlich nach, dass auch die Kehrseite der Medaille bzw. das "größere Ganze" bei dieser "Internet bzw. Filialketten vs. Ladengeschäft"-Entwicklung (die auch ICH bedenklich finde!) angesprochen wird.
Grüße und viel Erfolg!
Steff