Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

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Brillenschlange10
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Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von Brillenschlange10 »

Hallo zusammen,

vor über drei Jahren habe ich (48 J.) meine ersten Gleitsichtgläser (von Essilor) bekommen und bin sehr gut damit zurecht gekommen.

Hier die Werte der alten Brille:
Varilux Physio Lineis 1.74
sph: cyl: A Add
R: -8.75 +0,00 0 1,50
L: -5,25 -0,50 90 1,50

Nun benötige ich eine stärkere Addition und habe auch Probleme im Übergangsbereich bei der Computerarbeit (ertappe mich dabei, dass ich den Kopf immer wieder in den Nacken lege, um durch den Nahbereich zu schauen).

Daher habe ich mich zu Individualgläsern von Zeiss inklusive der i.scription-Optimierung entschlossen. Diese sollten einen größeren Übergangsbereich (zu Lasten des Nahbereichs) erhalten (Intermediate). Mit der i.scription-Untersuchung wurden gerade im rechten Auge hohe Abweichungen im „Fehlerbild“ festgestellt.

Hier die Werte der neuen Brille:
Clet 1.74 Gradal Individual EyeFit
sph: cyl: A Add
R: -8.75 +0,00 0 2,00
L: -5,75 +0,50 180 2,00
(sph und cyl sind unverändert gegenüber der alten Brille)

Mit den neuen Gläsern hatte ich von Anfang an einen schlechteren Seheindruck. Sowohl jedes Auge für sich als auch der Blick mit beiden Augen war im Fernbereich deutlich schlechter als mit meiner alten Brille. Dieser Eindruck hatte sich auch noch vier Wochen Eingewöhnung nicht geändert, obwohl ich die neue Brille dauerhaft getragen habe. Als ich danach für ein Wochenende wieder zu meiner alten Brille zurückgekehrt bin, war es eine richtige Erleichterung.

Meine Optikerin hat daraufhin festgestellt, dass mein Gehirn mit der i.scription-Korrektur anscheinend nicht zurecht kommt und die Gläser getauscht gegen die gleichen Zeiss-Gläser ohne i.scription.

Mit diesen habe ich nach wie vor einen merkwürdigen Seheindruck, der anders ist als mit meinen alten Essilor-Gläsern. Ich sehe jetzt mit dem rechten Auge scharf (allerdings liegt der schärfste Punkt etwas rechts vom Mittelpunkt – ich muss den Kopf leicht nach links drehen). Mit dem linken Auge bekomme ich nirgendwo einen so scharfen Punkt hin, und mit beiden Augen zusammen auch nicht. Gemessen wurde allerdings ein Visus von 1.0, jedoch fühlt es sich so an, als passten die Augen nicht so recht zusammen.

Da ich vorher mit meinen alten Gleitsichtgläsern diese Probleme nicht hatte, möchte meine Optikerin jetzt wieder auf ein Standardglas (Essilor Physio 2.0) zurück gehen. Ich befürchte allerdings, dass ich aufgrund der gestiegenen Addition noch größere Probleme im Übergangsbereich bekomme werde als mit den alten Gläsern. Übergangs- und Nahbereich waren mit den Zeiss-Gläsern etwas besser als mit den alten Gläsern, die großen Probleme habe ich hauptsächlich im Fernbereich.

Ich überlege jetzt, ob es Sinn macht, einen Versuch mit Essilor Physio f360 zu wagen, oder ob ich auch mit diesen Individualgläsern Schiffbruch erleiden werde. Meine Optikerin möchte natürlich nicht ein drittes Mal die Gläser tauschen und rät mir daher gleich zu Standardgläsern.

Wie sind Eure Erfahrungen mit diesen Problemen?
Sind Probleme mit dem Gradal Individual (auch ohne i.scription) bekannt?
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dieselben Probleme auch mit den Physio f360 zu bekommen?
Was kann ich noch tun, um einen guten Übergansbereich (besser als mit meiner alten Brille), ohne Einbußen im Fernbereich zu erhalten? (Es sollten aber 1.74-Gläser sein wegen der Randdicke – daher fällt das Individualglas von Hoya lt. meiner Optikerin aus.)

Vielen Dank für Eure Antworten.

Viele Grüße,
Brillenschlange10
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benkhoff
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Re: Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von benkhoff »

hallo,

als aktiver Zeiss-Optiker und Anwender von Infral II, iProfiler und iScription kann ich Ihnen folgende Auskünfte geben:
Brillenschlange10 hat geschrieben:Sind Probleme mit dem Gradal Individual (auch ohne i.scription) bekannt?
Nein, diese Glasart ist am verträglichsten und "problemlosesten" (wenn es dieses Wort überhaupt gibt)! Mit diesen Gläsern können wir Optiker nun auch Kunden versorgen die früher definitiv nicht mit Gleitern "zurecht kamen"...
Brillenschlange10 hat geschrieben:Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dieselben Probleme auch mit den Physio f360 zu bekommen?
geanuso hoch, wie mit Zeiss-Gläsern
Brillenschlange10 hat geschrieben:Was kann ich noch tun, um einen guten Übergansbereich (besser als mit meiner alten Brille), ohne Einbußen im Fernbereich zu erhalten?
gibt es nicht, entweder Allround-Gläser, oder eine spezielle Gleitsichtbrille für nahe und mittlere Distanzen (zB "business"-Gleitsichtgläser), mit diesen können Sie aber nicht weit sehen.
Die "intermediate"-Geometrie ist schon für Ihre Wünsche das technisch bestmögliche.


Wichtig bei neuen Stärken (grade bei höheren Minus-Stärken): die Eingewöhnung an neue Gläser/Geometrien/Glasart ist länger als bei "Plus"-Stärken. Halten Sie durch, dann wird es klappen!!
Viele Myope geben zu früh auf und schmeissen hin, und reden sich dann ein, man käme mit der neuartigen/technisch besseren Geometrie nicht zurecht...
Natürlich ist die Vorraussetzung eine genaue Refraktion ("Augen-Messung") und eine exakte Zentrierung der Gläser.

Wie wurden denn die Werte ermittelt, und wie wurde die Zentrierung der Gläser gemessen (Computer oder "von Hand")?

mfG benkhoff
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Brillenschlange10
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Re: Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von Brillenschlange10 »

Danke für die schnelle Antwort.
Wichtig bei neuen Stärken (grade bei höheren Minus-Stärken): die Eingewöhnung an neue Gläser/Geometrien/Glasart ist länger als bei "Plus"-Stärken.
Ich trage die Brille nun schon eine Woche, doch eine Gewöhnung ist noch nicht in Sicht.
Wie wurden denn die Werte ermittelt, und wie wurde die Zentrierung der Gläser gemessen (Computer oder "von Hand")?
Die Zentrierung wurde von Hand gemessen und auch schon zweimal überprüft.

Viele Grüße,
Brillenschlange 10
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vidi
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Re: Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von vidi »

Gerade bei den Individual-Gläsern sollten die Zentrierdaten mit dem Computer ermittelt werden, das garantiert die geringste Fehlerquote.
Gruß
Vidi

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benkhoff
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Re: Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von benkhoff »

also so aus der Ferne geurteilt, könnte die Zentrierung nicht genau passen. Ist allerdings nur eine Vermutung, denn ein/e geübte/r Optiker/in kann auch von Hand Millimeter-genau zentrieren/messen. :mrgreen:
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Snipera
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Re: Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von Snipera »

ähm, ist das Varilux Physio nicht ein hartes Design und das Individual ein Weiches? Kenne von Zeiss das Individual jetzt nicht so genau. Denn dann könnte genau hier der Fehler liegen

Augendreher - Kopfdreher usw.

Ansosnten stimme ich in benkhoff zu - Zentrierung unbedingt nochmals kontrollieren lassen
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Eberhard Luckas
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Re: Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von Eberhard Luckas »

Hallo,

bei individuellen Gläsern ist es sehr wichtig, bei der fertigen Brille alle Parameter (HSA, Neigung, Fassungscheibenwinkel) so zu haben, wie bei der Bestellung angegeben. Beim Physio 2,0 ist das nicht so ganz wichtig, da ist "nur" der HSA einzuhalten. Von richtiger Höhe und PD ist natürlich auszugehen. Auch ich behaupte, dass für individuelle Gläser am Besten mit Videozentrierung gemessen wird.
Viele Grüße
Eberhard
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Brillenschlange10
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Re: Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von Brillenschlange10 »

Hallo zusammen,

danke für die Antworten. Meine Optikerin hat mir mittlerweile folgendes Resultat ihrer Beratungen mit Kollegen und Glasherstellern präsentiert:

Anscheinend sind meine Augen ständig in Bewegung (das Wort „Nystagmus“ = „Augenzittern“ ist hier gefallen). Daher seien Individualgläser nicht für mich geeignet, da es hierbei extrem auf die genaue Ausrichtung der Gläser ankommt. Dies wurde indirekt ja durch Euch bestätigt (Videozentrierung ist genauer als manuelle Messung). Meine Augen verhalten sich aber nicht so, dass sie die statisch gemessenen Werte immer einnehmen. Deshalb kommen sie mit den individualisierten Gläsern auch nicht klar.

Sie empfiehlt mir jetzt das Physio 2, da es als Standardglas einen größeren Messbereich abdeckt. Mit dem Physio f360 würde ich dieselben Probleme bekommen wie mit den Zeiss-Individualgläsern.

Ich bin natürlich ziemlich enttäuscht, da ich mir vor allem für den Übergangsbereich bei den neuen Gläsern eine Verbesserung versprochen und im Resultat bei den Zeiss-Gläsern auch bemerkt habe (als Folge des längeren Kanals in intermediate-Bauweise). Diese Möglichkeit entfällt nun für die Physio 2-Gläser. Im Gegenteil: Durch die höhere Addition wird der Übergangsbereich noch kürzer ausfallen.

Ja, ich weiß, dass ein Gleitsichtglas immer ein Kompromiss ist, und dass es speziell im Übergangsbereich auch Alternativlösungen (z.B. Business Brille) gibt. Ich bin eben nur enttäuscht von den großen Werbeversprechungen bezüglich der Individualgläser (der Preis spielt hier ausnahmsweise auch mal keine Rolle – ein gutes Sehen ist mir allemal wichtiger als ein schickes Auto). Und nun sollen meine Augen an allem Schuld sein?

Anhand der Analysen meiner Optikerin habe ich nun die Wahl zwischen zwei für mich schlechten Alternativen:

1. Eine bessere Ausnutzung des Übergansbereichs mit den Individualgläsern mit insgesamt aber einem schlechteren Seheindruck (irgendwie ist das Gesamtbild nicht „stimmig“).

2. Eine Brille wie ich sie gewohnt bin mit der (benötigten) stärkeren Addition und daher vermutlich einem schlechteren Übergangsbereich.

Gibt es nicht doch eine dritte Lösung? Würde ich mit dem Physio f360 wirklich dieselben Probleme bekommen?
Habt Ihr solche Erfahrungen mit Nichtverträglichkeit von Individualgläsern wegen der starken Augenbewegungen ebenfalls schon gemacht? Ich höre jedenfalls zum ersten Mal davon, und ich trage seit 40 Jahren Brille.


Viele Grüße,
Brillenschlange10
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DI Michael Ponstein
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Re: Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von DI Michael Ponstein »

ich würde zu einer geeigneten Bildschirmarbeisplatzbrille raten. da hier die größten Sehbereiche für den Hauptbereich PC und Nähe abgedeckt sind.
Alle Hersteller haben ein großes Portefolio an Gläsern dieser Art.
wenn die bisherige Gleitsichbrille für den Alltag ausreicht, dann diese beibehalten und mit der PC Brille ergänzen.
Refraktionieren mit Spaß!? Refraktions-Teste für Tablet von iPadMeikel: Sehteste für iPad&Co Info http://www.optik-freise.de Spezialialist: Besser Sehen, Myopiemanagement mit Ortho-K oder Miosmart, sowie Orcam zertifiziert für LowVision.
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vidi
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Re: Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von vidi »

Zunächst einmal ist auch das Varilux Physio 2.0 ein sehr gutes Glas. Beim Physio gibt es eine optimierte Übrgangszone und die auch in verschiedenen Längen.
Was ich aber nicht verstehe, warum das Physio 2.0 bei Nystagmus besser geeignet sein soll als das Physio f-360. Die Begründung deines Optikers kann ich nicht nachvollziehen.
Vielleicht hat einer meiner Kollegen hier ein Idee!
Gruß
Vidi

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benkhoff
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Re: Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von benkhoff »

Das mit dem Nystagmus ist ne blöde Sache... ist wirklich nicht leicht dies gut auszukorrigieren.
Vielleicht weiß hier auch unser Doc "humungus" eine Therapie-Möglichkeit. Hab mal von einer Medikamenten-Studie in den USA gehört, da wurde ein Medikament (Gabapentin oder so) relativ erfolgreich eingesetzt.
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DI Michael Ponstein
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Re: Gleitsichtgläser: Individual vs. Standard

Beitrag von DI Michael Ponstein »

nicht leicht, aber auch nicht unmöglich!!!!
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