RuHe hat geschrieben:meine frage:
erfordert das dann nicht beim tragen einen sehr präzisen sitz des brillengestelles?
ich meine, wenn man dann die brille mal einen mm tiefer/höher auf der nase hat, sieht man dann gleich nicht mehr so gut?
Hallo RuHe,
eigentlich ist bei mir gerade in Oberfranken ein viel zu schönes Wetter, um vor dem Rechner zu hängen, aber nach der kleinen Radtour eben, brauch ich mal eine kurze Verschnauffspause.. falls hier ein paar Worte falsch geschrieben sind, liegt das an der Erholungspause
Generell ist es für den Brillenträger und für die Augenoptik wichtig, dass das angepasste System (wir nennen es mal "Brille") genauso sitzt, wie es bei der Anzeichnung und Vermessung vorher war. Egal ob Gleitsicht oder Einstärken, ein Millimeter macht bei uns schon einiges aus. Und auch ein individuelles (Gleitsicht-)Glas ist da nicht anders. Erfahrungsgemäß ist es hier nochmal wichtiger, dass die Fassung so auf der Nase sitzt, wie es vorher beim vermessen der Fall war.
Und dennoch sind
Theorie und Praxis ja bekanntlich zwei Paar Schuh. Es gibt Kunden, denen ist es wurscht, ob die Gleitsichtbrille weiter vorne mal auf der Nase sitzt, oder weiter hinten. Selbst mit Individual-Gläsern merken sie keinen spürbaren Unterschied bei verschiedenen "Tragepositionen". Und es gib Kunden, bei denen muss der Brillenbügel am besten anatomisch mit dem Kopf verwachsen sein, damit das gute Stück ja keinen 1/100 Millimeter rutscht.
Bei der Anpassung einer Brille muss man immer individuell auf die Wünsche und Gegebenheiten des Kunden eingehen. Jeder trägt und spürt seine Brille anders und sie spüren bei einer Sitzveränderung keinen Unterschied oder eben das krasse Gegenteil, sie reagieren äußerst empfindlich auf jede kleinste Veränderung.
Um nochmal speziell auf die individuell-angefertigten-Gläser zurückzukommen. Wenn bei meiner Bedarfsermittlung und Beobachtung des Kunden, deutlich erkennbar ist, dass die Brille "mal so oder so" trägt, dann würde ich tendenziell von solchen Gläsern abraten. Ich erkläre dem Kunden natürlich warum, entscheiden kann er dann selbst. Ohne da jemanden speziell ins Kreuzfeuer zu nehmen, aber generell sind es die Herren um 50 und 60+, die meist einen handwerklich anspruchsvollen und fordernden Job (Schweißer, Tischler, Metall(ver)arbeiter usw.) hatten, denen der Sitz der Brille nicht so ganz wichtig ist.
Ein Ingenieur, Architekt, Büroangestellter ist dann natürlich das Gegenteil. Gerade die Kurzsichtigen achten beim Sitz auf das kleinste Detail. Da wird auch fast immer die Brille vor dem Aufsetzen (penibel) begutachtet. Diese Damen und Herren sind dann für individuelle Gläser aber auch besser "geeignet". Meine Meinung.
Letztendlich kommt auch oft der wohlbekannte Satz zum tragen:
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.
Obwohl es in der Augenoptik verpönt ist, davon zu sprechen, sind doch viele augenoptische Angelegenheiten
eine Frage von Zeit und Akzeptanz. Wenn ich mir einrede, dass ich in die Parklücke nicht kommt, dann werd ich es entweder gar nicht oder nur mit Müh und Not schaffen. Wenn ich mir einrede, dass die Brille mich drücken wird, dann werden auch zehn Augenoptik-Meister wahrscheinlich es nicht schaffen. Zumindest aus Kundensicht.
Um so weniger Vorbehalte und Ängste da sind, um so leichter und angenehmer wird die neue Brille akzeptiert.
Mein Wort zum Sonntag, Amen!