Gleitsichtgewöhnung bei mir möglich?

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Sensibler
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Gleitsichtgewöhnung bei mir möglich?

Beitrag von Sensibler »

Liebe Forumsmitglieder,

dass eine Gleitsichtbrille – zumal die erste – eine Gewöhnungszeit braucht, weiß ich. Allerdings habe ich mit meiner neuen Brille mehrere Probleme, die ein durchgängiges Tragen unmöglich machen. Wie soll ich mich so an die neue Brille gewöhnen können?

Ich muss mir zunächst einmal die gesamte Geschichte von der Seele schreiben:

Seit 10 Jahren trage ich (49 Jahre) unverändert eine Brille mit folgenden Werten:
R: F -3.50 -0.50 90° H 15.00
L: F -3.75 -0.50 86° H 15.00

Vor ca. 3 Jahren ließ ich mir eine Gleitsichtbrille verordnen, da ich die Brille zum Lesen meistens absetzen musste. Die Beratung bei F*** war gut; dennoch kam ich mit der Brille nicht klar: Die typischen Einschränkungen (eingeengtes Sehfeld, ungewohnte Kopfbewegungen beim Autofahren) wollte oder konnte ich nicht ertragen und empfand meine alten Einstärkengläser als das geringere Übel. Letztlich hatte ich Glück im Unglück, dass ich bei F*** meine Brille zurückgegebn konnte.

Als vor ca. 1,5 Jahren in unserer Kleinstadt eine A***-Filiale röffnete, wagte ich einen neuen Vorstoß. Ich war mental darauf eingestellt, welche Einschränkungen Gleitsichtgläser haben, wollte aber auf den Komfort, die Brille beim Lesen aufgesetzt zu lassen, nicht verzichten. Da ich mich dieses Mal jedoch für eine günstige Gläservariante entschieden hatte, war der Misserfolg vorprogrammiert.

Nun zu meinem aktuellen Status:
Da meine Sehprobleme sich weiter verstärkten, wollte ich nun den Preis völlig beiseite lassen, aber ein Optimum an Beratung und Qualität: Ich ging zu einem lokalen Einzelhandels-Optiker mit gutem Ruf. Nach langer Beratung , Untersuchung und individueller Vermessung habe ich nun folgende Gläser (Hoyalux 11mm 1.67 Hard-HVL):

R Sph. -3.50 Cyl. -1.00 Achse 75 Add. 1.50
L: Sph. -4.00 Cyl. -1.00 Achse 89 Add. 1.50
Fassung: Lindberg Spirit Titanium

Mein Augenarzt hatte im übrigen andere Werte verordnet, aber der Optiker meinte, er könne die Verantwortung für seine Handwerksleistung nur übernehmen, wenn er seine eigenen ermittelten Werte verwende.

Augenarzt:
R -3.50 -1.00 82 FERN
L -3.75 -1.25 91 FERN
R -2.00 -1.00 82 NAH
L -2.25 -1.25 91 NAH

Um es nochmals zu sagen: Ja, ich weiß, dass ich eine längere Eingewöhnungszeit in Kauf nehmen muss. Aber wie soll ich mich an die neue Brille gewöhnen, wenn ich sie nur für wenige Tätigkeiten meines Tages aufsetzen kann?

Hier einige Beispiele:
Autofahren: i. O., sogar bessere (schärfere) Fernsicht als mit der alten Brille
Fernsehen: i. O., wenn ich im Sessel sitze und der Fernseher exakt auf Augenhöhe steht
Lesen: bei mittlerer Buchstabengröße i. O., aber bei etwas kleinerer Schrift (Lebensmttelbeschriftungen, Handydisplay, die meisten Bücher) unbrauchbar (natürlich am unteren Rand gemessen). Ich muss die Brille absetzen wie bisher.
PC-Arbeit: rechte Bildschirmseite unleserlich, linke erträglich, aber schlechter als mit alter Einstärkenbrille.

Fazit:
Die neue Brille für 1100 € (!) bringt nur beim Autofahren einen Vorteil. Dafür hätte eine neue Einstärkenbrille gereicht. Für den PC und beim Fernsehen bevorzuge ich meine alte Brille, zum Lesen muss ich die alte sowie die neue i. d. R. absetzen. Hinzu kommt, dass ich die Fassung sicherlich für mich nicht optimal gewählt habe, da ich die breiten schwarzen Bügel vorne neben meinem Sehfeld nicht ertrage. Sie wirken optisch wie eine Zange, die sich neben meinem Kopf befindet. Dafür können aber weder Hoya noch der Optiker etwas – es ist einfach ein weiteres Problem.
Letzte Nacht habe ich stark mit mir gerungen und bin sogar schon bereit, die Brille abzuhaken und für die 3. Welt zu spenden. Zuvor werde ich natürlich noch ein Gespräch mit meinem Optiker führen, welche Fehlerquellen es noch geben könnte. Möglicherweise nimmt er auch die Fassung zurück und ich bleibe auf lediglich (na ja) 800 € sitzen.

Um dem Gespräch mit dem Optiker (und mir!) eine reelle Chance zu geben: Welchen Rat haben die Forummitglieder für mich? Wo könnten Fehlerquelen liegen? Dass ich selbst ein wenig sensibel bin, weiß ich, kann aber daran trotz aller mentaler Anstrengung nichts ändern. Nach derzeitigem Stand ist meine alte Brille das geringere Übel, wenngleich weit entfernt von gutem Sehen.

Danke für Eure/Ihre Geduld,
Sensibler
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mitch
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Re: Gleitsichtgewöhnung bei mir möglich?

Beitrag von mitch »

Ich beginne mal mit dem Standard-Satz in so einem Fall: Aus der Ferne eigentlich nicht zu beurteilen....
Aber: Wenn wir mal davon ausgehen dass alles korrekt ausgemessen und eingearbeitet ist, klingt es für mich nach einer klassischen Gleitsicht-Unverträglichkeit. :( Heißt: Ich glaub`, bei Dir wird dieses System nicht funktionieren, bzw. Du wirst mit einer Brille, die alles kann (aber auch nix optimal) nicht glücklich werden.
Wie wäre es denn mit einem Bifokalglas? Da gibt es zwar ein sichtbares Fenster mit der Lesewirkung im unteren Teil des Glases, aber die von Dir beschriebenen Probleme wären damit gelöst!
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benkhoff
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Re: Gleitsichtgewöhnung bei mir möglich?

Beitrag von benkhoff »

hallo, erstmal willkommen,

die Probleme die Sie beschreiben sind grade für Ihre "Augenwerte" typisch. Jahrelang kamen Sie mit einer Einstärkenbrille gut zurecht, und zum Lesen konnten Sie die Brille einfach kurz absetzen. Natürlich auch jetzt und in Zukunft noch.
Nun ist alles anders und Ihr gesamtes "Seh-System" muß/soll sich umgewöhnen...

An Ihrer Stelle würde ich aber noch nicht aufgeben. Eine komplette Gleitsichtglas-Unverträglichkeit ist sehr selten. Viele Glashersteller bieten bei personifizierten Gleitsichtgläsern (die besten und verträglichsten, die es zZ auf dem markt gibt) eine sog. Verträglichkeits-Garantie an. Die besagt dann, wenn man/frau nach 6 Monaten nicht zufrieden ist (solange haben Sie Zeit die zu "testen"), kann man/frau immer noch -kostenlos- auf die Bifokal-Gläser umsteigen. Nachteile bei diesen Bifokalgläsern: die besagte Nahteil-Kante ist vielen Leuten "im Weg", Sie haben keine Stärken für den Bereich zwischen Nahteil und Ferne. Im Auto zB Tacho/Navi-Bereich.
Also nicht aufgeben und die Gläser erstmal umtauschen lassen in die besseren "individuellen" Gleitsichtgläser.

Übrigens: die Messunterschiede zw. Augenarzt und Ihrem Optiker sind äußerst gering, nahezu identisch und Tagesform-abhängig. Also sind die Messunterschiede nicht die Ursache.

mfG
Nachtrag: tragen Sie die neue Gleitsichtbrille (und wie lange haben Sie die jetzt) ständig oder wechseln Sie zwischen der alten und neuen Brille hin und her?
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vidi
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Re: Gleitsichtgewöhnung bei mir möglich?

Beitrag von vidi »

Eventuell sollte man ein Glas mit einer längeren Progessionszone wählen.
Ich gehe mal davon aus, dass beim Hoyalux 11mm 1.67 Hard-HVL die Progressionszone 11 mm lang ist.
Das halte ich für etwas sehr kurz.
Gruß
Vidi

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Eberhard Luckas
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Re: Gleitsichtgewöhnung bei mir möglich?

Beitrag von Eberhard Luckas »

Ich würde die Add. überprüfen, oft ist sie für Gleitsichtgläser gerade bei Kurzsichtigkeit zu hoch, der Akkomodationserfolg (für die Fachleute hier) ist ja gerade bei Myopie deutlich höher.
Viele Grüße
Eberhard
Augenoptikermeister
S
Sensibler
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Re: Gleitsichtgewöhnung bei mir möglich?

Beitrag von Sensibler »

Vielen Dank schon mal für die bisherigen Antworten.
benkhoff hat geschrieben: Also nicht aufgeben und die Gläser erstmal umtauschen lassen in die besseren "individuellen" Gleitsichtgläser.
Es sind bereits die besten Gläser (individuell vermessen), die der Optiker führt. WIe gesagt, wollte ich dieses Mal keinen Kompromiss eingehen. Daher war aich auch bereit, pro Glas über 400 € auszugeben. :(
benkhoff hat geschrieben: Nachtrag: tragen Sie die neue Gleitsichtbrille (und wie lange haben Sie die jetzt) ständig oder wechseln Sie zwischen der alten und neuen Brille hin und her?
Ich habe die Brille erst seit ein paar Tagen. Der Gewöhnungsprozess kann bei mir aber nicht einsetzen, da ich sie quasi nur beim Autofahren und Spazierengehen tragen kann. Zum Arbeiten am PC und zum Lesen bin ich auf die alte Brille angewiesen (ca. 10 Std. täglich). Bei kleinerer Schrift taugen beide Brillen nichts: Ich setze sie ab. :(
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benkhoff
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Re: Gleitsichtgewöhnung bei mir möglich?

Beitrag von benkhoff »

Dann werden Sie Sich wirklich nie an die Gleitsichtbrille gewöhnen. Tragen Sie bitte die Gleitsichtbrille länger, auch wenn es schwer fällt. Nur so kann sich die Situation verbessern.
Es einfach so, als würden Sie zum allererstenmal in Ihrem Leben Schuhe anziehen und wären vorher nur barfuß gelaufen. Das ist bestimmt auch stark gewönungsbedürftig.
Klar: wenn sie Ihre Brille(n) absetzen und etwas näher an das Schriftgut herangehen, dann sehen Sie auch schön scharf. Aber in Zukunft wird irgendwann auch dieser "Trick" nicht mehr funktionieren.
Ihre einzige Chance sich an eine Gleitsichtbrille zu gewöhnen, ist: sich zusammenreißen und tragen, tragen, tragen. Der Erfolg wird kommen. Eine totale "Gleitsicht-Unverträglichkeit" ist äußerst selten...
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Sensibler
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Re: Gleitsichtgewöhnung bei mir möglich?

Beitrag von Sensibler »

Vielen Dank Ihnen/Euch allen, die mir so umfassend und kompetent geantwortet haben.

Am meisten zu denken gegeben hat mir die Aussage, dass eine Gleitsichtbrille zwar alles kann, aber nichts richtig gut. Diese Beschreibung gibt das, was ich an Einschränkungen und Behinderungen empfinde, sehr gut wieder.

Da zu guter Letzt auch noch die Unzufriedenheit mit der Fassung hinzukommt, habe ich mich zu folgendem Entschluss durchgerungen:
Ich bestelle mir wieder eine einfache Fernsichtbrille mit hochwertigen Mineralgläsern- entweder bei A**** (da Rückgaberecht bei Nichtgefallen!) oder bei dem Optiker meines Vertrauens, wenn ich durch die Verträglichkeitsgarantie von Hoya so wenigstens die neuen Gläser kostenlos bekomme. Die Gleitsichtkrücke kommt dann erst einmal in die Schublade, ins Handschuhfach oder (die Fassung) auf Ebay.

Insgesamt ein teurer Spaß - aber nach dem 3. Versuch (s. 1. Posting) wohl nicht anders zu lösen.

Ein Nachtrag zu meiner Entscheidung, gegen den Zeitgeist Mineralgläser zu nehmen:
Ich bin engagierter Fotograf und vertraue auch dort nur auf hochwertige Objektive - und die sind allesamt selbstverständlich mit Glaslinsen gefertigt. :)
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prüflingsprüfer
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Re: Gleitsichtgewöhnung bei mir möglich?

Beitrag von prüflingsprüfer »

"Ein Nachtrag zu meiner Entscheidung, gegen den Zeitgeist Mineralgläser zu nehmen:
Ich bin engagierter Fotograf und vertraue auch dort nur auf hochwertige Objektive - und die sind allesamt selbstverständlich mit Glaslinsen gefertigt. :)"

Kann ich verstehen und begrüße es (das "Sehen" ist mitunter einfach brillianter). :D
(ohne jetzt hier mir den Zorn mancher Kollegen heraufzubeschwören oder eine Mineral/Kunststoff-Diskussion
zu beginnen.)
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