Erfahrungsbericht Kettenoptiker - lieber neue Gläser anstatt vernünftige Beratung

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OptikerBesucher
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Erfahrungsbericht Kettenoptiker - lieber neue Gläser anstatt vernünftige Beratung

Beitragvon OptikerBesucher » Dienstag 23. Mai 2023, 12:45

Hallo miteinander,
Vorgeschichte
ich (Brillenträger seit 20 Jahren) bin im Rahmen meiner Brillen-Neuanschaffung vor 2 Wochen auf dieses Forum gestoßen. Nun, leider ein paar Tage zu spät.

Hintergrund: Vor 3 Jahren hatte ich meine letzte Brille angeschafft. Bei Apollo Optik in Leipzig schnell ein neues Gestell gefunden. Überrascht gewesen, dass ich die Brille 30 Minuten nach dem Aussuchen direkt mitnehmen sollte, trotz "Premium-Gläser". Nun, nach 3 Jahren waren die Gläser so schlimm wie ich es in meiner Brillengeschichte noch nie erlebt habe (Beschichtung völlig zerstört, Glas teilweise "Blind"), also: Nie wieder Apollo. Denn bei der Beratung damals hat man mir auch garkeine Option gegeben und gesagt, dass das schon alles das beste ist mit den Gläsern und so :-)
Damals hatte ich wohl (kein Brillenpass da, nur mit Nidek LM-1800P nachgemessen):
alte Brille
R -2,5 sph
L -2,5 SPH, -0,75 cyl 45° (Das Nidek misst hier noch ein PSM I 0.25, aber eigentlich sollte es kein Prisma geben)


Nun wollte ich spontan nach ner neuen Brille gucken und bin zu Fielmann. Ich dachte mir, dass das bei ner großen Kette eigentlich ganz gut funktionieren sollte - für meine nächste Brille würde ich mich aber nach nem kleinen Optiker mit Empfehlung umschauen!.
Schickes Gestell gefunden, gut beraten gefühlt. Ich hab direkt zu erkennen gegeben, dass ich gerne gute Gläser hätte, mir insbesondere die Kratzfestigkeit wichtig ist und eben ein gutes Sehen - und, dass ich viel am Computer sitze.
Mir wurde dann der Glasvergleich aufgemalt mit dem Schärfepunkt in der Mitte fürs einfache Glas, den paar Schärfepunkten fürs bessere und den tausenden Punkten fürs Top-Glas. Na klar, das nehm ich :-)
Sehtest (Termin 3 Tage später...) ergibt
Neue Fielmann Brille, Versuch 1
R -2,25 sph -0,5 cyl 0˚ PD 33
L -2,50 sph -1,0 cyl 40˚ PD 33,5

Für die Bestpreis-Garantie lasse ich mir das Glas aufschreiben:
Zeiss Einstärken SmartLife Superb 1,6 DV Platinum UV

Und freue mich schon richtig.
Brille abholen - Erlebnis
Ich bekomme sie, setze sie auf und wow. Alles super scharf :-) Schon toll, nach ein paar Jahren mal wieder die richtige Stärke zu bekommen.
Leider bleibt ein "komischer" Seheindruck, es ist nach kurzem sehr anstrengend, ich fühle mich wie in einer Virtuellen Realität. Der Eindruck bessert sich in 1 Woche kaum, in 2 Wochen auch nicht erheblich.

Zu diesem Zeitpunkt lese ich mich hier ein und lese über (doppelt) asphärische Gläser und ihre Herausforderung. Von mir wurden hauptsächlich 2 Fotos gemacht mit 2 Punkten auf den Brillengläsern, an mehr Dinge zur Zentrierung kann ich mich nicht erinnern, es wurde auch nie nachkorrigiert oder so.

Also ab zu Fielmann!
Die neue Optikerin - natürlich bekommt man jedes mal jemand anderes - tippt auf zu starkes Glas. Sie misst nach Hinweis von mir die Zentrierung nach (malt 2 Punkte aufs Glas und lässt mich gerade aus schauen) und sagt "wird es besser, wenn Sie die Brille etwas höher tragen?". Ansonsten Termin für nen neuen Sehtest, 3 Tage später.

Neuer Sehtest - neue Optikerin
Die nächste Optikerin stimmt ein: Sicher sind die Gläser zu stark. Der Sehtest ergibt:
R -1,5 sph -0,5 cyl 174˚
L -2,5 sph -1,0 cyl 41˚

Im Gespräch lässt sie sich zudem auf meine "Kritik" an der doppelten Asphäre ein und meint, an sich spricht nichts dagegen, auch sphärische Gläser zu nehmen, aber sie glaubt, es gibt garkeine. Dann schaut sie kurz nach und findet welche. Nicht nur das, ich darf mir auch den Hersteller frei auswählen. Oh, ah, OK. Sie rät auf Nachfrage zu Zeiss, ohne Nachfrage hätte sie vermutlich garnichts eingetragen. Mit Hinweis auf Kratzfestigkeit bleiben wir im "Premium Segment", die Gläser kosten jetzt immernoch über 100€ das Stück (die ersten lagen bei knapp 150€).
Ich fühle mich gut aufgehoben - nebenbei biegt sie auch kurz meine Brille nach, die rutschte vorher immer etwas, und ich war da jetzt sehr zufrieden.
Neue Gläser bestellt, ab nach Haus.

Zu Hause merke ich "Moment, das KANN doch einfach nicht sein, rechts plötzlich so schwach". Der Selbst-Sehtest am Computer bestätigt meine Angst. Leider zu spät, der Laden hat zu und wir sind im langen Wochenende. Und vielleicht hat sie ja doch recht? Ich mach mir zu viele Gedanken und lasse los.

Neue Gläser - neues Pech
Ich setze sie auf und... nein, warte 3 Sekunden, ... Nein, das geht absolut nicht. Die Optikerin hält mir ne extrem kleine Blende vors rechte Auge, es wird besser. "Sehen Sie? Das Auge muss sich dran gewöhnen, es hat so viele Seheindrücke, die Schärfe passt vielleicht, sie brauchen nur nen Moment".
Sie gibt mir -0,25 und -0,5 dpt aus der Messbrille zum vorhalten, mit beiden wird es deutlich besser. Sie hinterlässt eine Notiz für die Kollegen: "Wenn Kunde wiederkommt, rechtes Glas mit -0,25dpt stärker neu bestellen"; ich solle ne Nacht drüber schlafen und den nächsten Tag wiederkommen.

Ich gehe nach Hause und bin frustriert. Ich buche mir bei Fielmann nen weiteren Sehtest, weil ich mit Sicherheit nicht einfach irgendwelche Gläser bestellt haben will. Erste Gedanken, die Brille als ganzes zurückzugeben & den Optikus zu wechseln.
Ich finde eine kleine Optiker Filiale, welche über eine Online-Optiker-Kette gratis Sehtests anbietet, aber ein inhabergeführtes Unternehmen am Stadtrand ist; Ich buche mir einen Termin, kann ja nicht schaden.

Dritter Sehtest, die Bestätigung
Ich bin mit der Optikerin ganz offen, schildere meinen Prozess, meine Gedanken. Sie versteht alles, nimmt mir sogar zuvor, dass sie die Wahl von doppelt asphärischen Gläsern für meine Stärke für falsch hält. Beim Sehtest probiert sie rechts erstmal ohne Zylinder, da sie meint, das eventuell meine Beschwerden daher kommen könnten - schnell kommt der Zylinder aber wieder dazu und nun sind wir bei
R -2,25 sph -0,5 zyl 172˚
L -2,75 sph -1,0 zyl 42˚
Bei Fielmann saß ich immer vorm Phoropter relativ nah vorm Spiegel, hier gibts eine Messbrille auf und in 4m Entfernung nen Bildschirm mit 3D und Polarisationsgläsern (am Anfang; am Ende dann ohne) und Luftballons/Buchstaben.
Die Optikerin sagt mehrmals, dass sie ungerne zuviel korrigiert, aber wirklich trotzdem auf diese Werte kommt. Sie würde mir günstige, sphärische Gläser empfehlen und behauptet nebenbei auch, dass sich der Griff zu Markengläsern nicht unbedingt lohnt und nach 3 Jahren die Beschichtungen im Regelfall eh durch sind und rät zu "optovision" Gläsern ohne viel Schnickschnack. Sie hält sich etwas raus aus der Geschichte, ob ich die Brille nun bei Fielmann ganz zurückgebe & zu ihr komme & ist insgesamt nett & hilfsbereit - ein angebotenes Beratungshonorar lehnt sie ab.

Wie geht's weiter
Nun habe ich morgen noch einen Sehtest-Termin bei Fielmann, da ich ja nicht einfach neue Gläser ohne neue Messung haben will.
Schade finde ich, dass mein linkes Auge bei der neuen Optikerin mit den -2,75 nochmal besser wurde als mit -2,5. Ich tendiere dazu, Fielmann ein letztes mal nur das rechte Glas austauschen zu lassen - der erste Fielmann Sehtest stimmt rechts mit dem unabhängigen Sehtest bis auf die 8° verschobene Achse überein (und das ist ja eine sehr geringe Abweichung).
Dann hätte ich hoffentlich nicht noch mehr Material verschwendet & eine funktionierende Brille.
Allerdings scheint bei Fielmann offensichtlich die Fachkenntnis nicht wirklich da zu sein, keine der 4 verschiedenen "AugenoptikerInnen" mit denen ich zu tun hatte hat irgendwas dazu gesagt, dass Doppelasphären problematisch sein können oder die Arbeitsqualität sehr wichtig ist - alleine wie wenig Mühe sich beim Anpassen meines Gestells vor der ersten Vermessung gegeben wurde, zeigt mir das. Ich möchte das eigentlich nicht unterstützen... Gut, ich denke mit dem 5. Glas in meiner Brille und inzwischen über 1,5h Beratungs/Fachkraft-Zeit + Werkstatt haben sie dann auch nichts mehr an mir verdient...

Grundsätzlich bin ich übrigens ein sensibler Mensch - vielleicht ist das deswegen auch bei mir alles schwieriger als bei anderen. Dennoch scheint mir meine Fehlsichtigkeit sehr durchschnittlich :-)

Sorry für den ganzen Text, es ist also eher eine Erfahrungsgeschichte als eine echte Frage. Dennoch bin ich natürlich auf 1-2 Kommentare wie ihr meinen Vorschlag, jetzt ein letztes mal nur 1 Glas auszutauschen, findet, gespannt :-) Habe ich irgendwo im Prozess Fehler gemacht?
Sonst bin ich ein Mensch, der vor einer Anschaffung sehr viele Informationen über ein Produkt beschaff - beim Optiker habe ich mich bisher immer auf das Fachpersonal verlassen.

Ich danke euch!

OptikerBesucher
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Re: Erfahrungsbericht Kettenoptiker - lieber neue Gläser anstatt vernünftige Beratung

Beitragvon OptikerBesucher » Mittwoch 24. Mai 2023, 20:29

Fünfte Optikerin, Vierter Sehtest, hoffentlich wars das

Bei Fielmann weiß natürlich niemand deine Geschichte, ob der ganzen Bestellungen und Sehtests in meiner Historie der letzten 4 Wochen sind sie gar fast verwirrt. Nun war ich wohl der letzte Kunde des Tages der fünften Optikerin, wir waren 70 Minuten zusammen beschäftigt :-)
Ich habe kurz die Geschichte erzählt & auch mein unabhängiges Sehtestergebnis vorgelegt. Sie war seeeehr bei mir und meinte beim/nach dem Sehtest "Wir machen nochmal 2 neue Gläser". Direkt nach dem Vortest war sie schon sehr verwirrt, warum ich da -1,5 im R drin hatte.

R -2,25 sph -0,5 zyl 178˚
L -2,50 sph -1,0 zyl 32˚

- die 9 °Abweichung auf der linken Achse wollte sie nicht akzeptieren. Hat auch während der Refraktion selbst versucht, mir 36° als Mittelwert anzubieten, aber meinte, ich wollte immer wieder auf die 32°und deswegen würde sie das Glas auch gern neu bestellen. Direkt -2,75 sph wollte sie lieber nicht machen, da hätte ich mich noch mehr durchsetzen müssen wenn ich es gewollt hätte (gab minimalen Visus-Gewinn).

Sie hat mir direkt ihre Visitenkarte gegeben und meinte, beim Brille abholen soll ich durchrufen & nen Termin mit ihr machen.
Habe jetzt auch erstmal wieder die Doppel-Asphären in meiner Brille, damit ich was sehen kann, bis die neuen Gläser da sind. Nur das rechte auf die Doppelasphäre tauschen wollte sie nicht, damit die mit den Retouren-Gläsern nicht durcheinander kommen. Naja, jetzt seh ich besser als die letzten 3 Tage, dafür is mir abends etwas schwindelig.

Die Zentrierungsdaten sind zum 3. mal deutlich (einige mm / Grad) abweichend (hab sie leider nicht notiert), aber zum Glück ist das ja bei der Sphäre halb so schlimm und einmal mehr ein Zeichen, dass ich komplexere Brillen nicht in diesem Setting fertigen lassen würde :-)

Übrigens ist der Reklamationsgrund der doppelasphären "Fehlrefraktion". Schade, mir wäre es lieber, wenn ich als "Fehlzentrierung" oder "Unverträglichkeit" in die Fielmannstatistik eingehe, damit anderen Leuten sowas nicht ohne Grund aufgedrückt werden würde...

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Re: Erfahrungsbericht Kettenoptiker - lieber neue Gläser anstatt vernünftige Beratung

Beitragvon Lutz » Donnerstag 25. Mai 2023, 00:53

OptikerBesucher hat geschrieben:- die 9 °Abweichung auf der linken Achse wollte sie nicht akzeptieren. Hat auch während der Refraktion selbst versucht, mir 36° als Mittelwert anzubieten, aber meinte, ich wollte immer wieder auf die 32°und deswegen würde sie das Glas auch gern neu bestellen. Direkt -2,75 sph wollte sie lieber nicht machen, da hätte ich mich noch mehr durchsetzen müssen wenn ich es gewollt hätte (gab minimalen Visus-Gewinn).
[...]
Habe jetzt auch erstmal wieder die Doppel-Asphären in meiner Brille,
[...]
sowas nicht ohne Grund aufgedrückt werden würde...


Zum Thema "jemandem was ohne Grund aufdrücken": Achs- und Dioptrienwerte sind normalerweise nicht Verhandlungssache, sondern ergeben sich aus einem fachgerecht durchgeführten Sehtest. Und warum man bei den (geringen) Werten Doppelasphären einbaut, erschließt sich mir auch nicht...

Und außerdem gerade noch gesehen: Wenn es beim Vorhalten einer kleinen Blende besser wird, ist das nicht ein Hinweis darauf, daß man sich an irgendwas gewöhnen muß, sondern daß die ermittelten Korrektionswerte (noch) nicht stimmen.

Bei "an sich spricht nichts dagegen, auch sphärische Gläser zu nehmen, aber sie glaubt, es gibt garkeine" weiß man dann wirklich nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll.

Viel Glück - einen kompetenten Kollegen scheinst Du ja zwischenzeitlich gefunden zu haben, jetzt müßtest Du nur noch bei ihm kaufen... :wink:
Achtung: der oben sichtbare Text ist in der Zeit entstanden, in der er geschrieben wurden. Er könnte in Zukunft als anstößig empfunden werden. Der Autor wurde sozialisiert durch Otto, Loriot, Astrid Lindgren und ‚Schmidt­einander'.

OptikerBesucher
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Re: Erfahrungsbericht Kettenoptiker - lieber neue Gläser anstatt vernünftige Beratung

Beitragvon OptikerBesucher » Donnerstag 25. Mai 2023, 19:49

Ja, vielleicht hab ich mich mit der Verhandlungssache etwas doof ausgedrückt :-) Mir als Laie sind allerdings bei sämtlichen Refraktionen keine Fehler aufgefallen (allerdings auch nicht bei der mit -1,5sph rechts, obwohl ich damit eigentlich nichts gesehen haben kann - ich frage mich, inwiefern die Optikerin da versehentlich was falsch eingestellt haben könnte), insbesondere mit der Achslage waren meine letzten beiden Refraktionen für mich selbst sehr nachvollziehbar gestaltet & ich habe demnach das Gefühl, dass am Vormittag des Vortags die Achslage _wirklich_ um fast 10° anders war als gestern Abend. Kann sowas nicht durch Ermüdung etc. sein?

Ja, bei der fähigen Kollegin würde ich sehr gerne kaufen - allerdings brauche ich nur alle paar Jahre eine neue Brille und werde vermutlich in 3 Jahren bereits in einer anderen Stadt wohnen.

Danke jedenfalls für die fachliche Expertise :-) Schöne Pfingsten!

And
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Re: Erfahrungsbericht Kettenoptiker - lieber neue Gläser anstatt vernünftige Beratung

Beitragvon And » Freitag 26. Mai 2023, 14:29

ich habe demnach das Gefühl, dass am Vormittag des Vortags die Achslage _wirklich_ um fast 10° anders war als gestern Abend.

Hast Du möglicherweise trockene Augen, insbesondere über Nacht?
Dann kann da so einiges möglich sein.

https://link.springer.com/article/10.10 ... 19-00440-7
Mit altersabhängigen und sogar im Tagesverlauf schwankenden Veränderungen ist der Astigmatismus ein dynamisches Phänomen.


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Tipp: schau morgens (jeweils getrennt mit linken / rechtem Auge) auf einen entfernten, kleinen leuchtenden Punkt (z.B. Standby-LED vom Fernseher) und Du kannst direkt deine Astigmatismus-Tagesform und eventuelle komplexere Abbildungsunregelmäßigkeiten sehen.


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