Bei Sehtests unterschiedliche Werte

Haben Sie eine Frage an den Augenoptiker zu Ihrer Brille. Stellen Sie hier Ihre Frage. (Hinweis: Wir haben hier keine Redaktion. Die Beantwortung Ihrer Fragen werden von Augenoptikern auf freiwilliger Basis durchgeführt. Es besteht kein Anspruch auf eine Beantwortung)
Antworten
c
chris257
Beiträge: 27
Registriert: Donnerstag 12. Januar 2023, 23:04

Bei Sehtests unterschiedliche Werte

Beitrag von chris257 »

Hallo,
ich habe nun mehrere Sehtest bei verschiedenen Optikermeistern gemacht und immer unterschiedliche Werte rausbekommen. Der Zylinder und die Achse sind immer gleich, nur die Sphäre unterscheidet sich. Mein höchster gemessener Wert war +5,5 dpt und der niedrigste + 3,75dpt. Mein Augenarzt sagt, dass meine Augen aber gesund sind und nur eine starke Weitsichtigkeit vorliegt und ein Optiker refraktionieren soll. Im Internet steht, dass weitsichtige akkommodieren und deshalb zu niedrige Werte rauskommen. Soll ich also meine neue Brille mit dem höchsten gemessenen Wert, also +5,5 dpt anfertigen lassen oder was soll ich machen?
Benutzeravatar
Lutz
Beiträge: 5098
Registriert: Donnerstag 3. März 2011, 10:28

Re: Bei Sehtests unterschiedliche Werte

Beitrag von Lutz »

Man nimmt in der Regel den höchsten Plus-Wert, bei dem das Sehen in der Ferne noch nicht schlechter wird. Man kann die (verschiedenen) Werte beim Optiker mal in eine Probierbrille setzen lassen und dann dadurch testweise die Welt betrachten. Und dann entscheiden.

Ausschließen sollte man allerdings, daß die Werte nicht tatsächlich so stark schwanken... :wink:
Achtung: der oben sichtbare Text ist in der Zeit entstanden, in der er geschrieben wurden. Er könnte in Zukunft als anstößig empfunden werden. Der Autor wurde sozialisiert durch Otto, Loriot, Astrid Lindgren und ‚Schmidt­einander'.
Benutzeravatar
Onkel Bob
Beiträge: 2581
Registriert: Donnerstag 4. Februar 2010, 16:56
Wohnort: Köln, schönste Stadt Deutschlands...;-)
Kontaktdaten:

Re: Bei Sehtests unterschiedliche Werte

Beitrag von Onkel Bob »

chris257 hat geschrieben:...was soll ich machen?...
zurück zu (d)einem opticus wo du das beste gefühlt hast/hattest und mit dem ausführenden meister die weiteren schritte besprechen...verstehste was ich meine :?:

gutes gelingen wünscht
onkel bob
...es ist nicht so wie du denkst...
w
walterK
Beiträge: 16
Registriert: Freitag 14. Oktober 2022, 15:19

Re: Bei Sehtests unterschiedliche Werte

Beitrag von walterK »

Hier mal eine längere Antwort eines interessierten Nicht-Optikers:

Mir hat mal ein Physiker, der in einer Firma eines tragbaren Autorefraktometers arbeitet ("QuickSee Binocular Wavefront Autorefractor"), persönlich erklärt, dass Autorefraktoren tendeziell in der folgenden Reihenfolge präzise sind - im Vergleich zu subjektiven Messungen:

1) Achse
2) Zylinder-Stärke
3) Sphärische Stärke

Begründet hat er das damit, dass das Auge ja ständig am Akkomodieren ist, was ja vorwiegend die Sphäre betrifft. Auch subjektiv sei sie am schwersten "genau" (was auch immer das ist) zu bestimmen.

Wegen der Sache mit der Akkomodation gelte, dass bei Myopen das beste sphärische Glas (BSG) das schwächste Minusglas ist, d.h. bei dem keine weitere Visus-Steigerung bei noch mehr Minus wahrgenommen wird. Bei Hyperopen ist es genau umgekehrt, nämlich das stärkste Plusglas.

Hintergrund:
Eine überkorrigierte myope Person kann das falsche "Zuwenig" an Brechkraft in gewissem Rahmen durch Akkomodation ausgleichen, also "schummeln". Allerdings erzeugt das auf die Dauer Beschwerden, weil er ständig akkomodieren muss. Minusgläser schwächen Brechkraft ab, ein überkorrigierter Myoper hat also insgesamt zuwenig Brechkraft und ist damit hyperop.

Ein Hyperoper wird irgendwann myop, wenn man ihn überkorrigiert, d.h. wenn man immer mehr Plus gibt. Hier kann irgendwann nichts mehr ausgeglichen werden durch die Augenlinse, denn noch mehr als sich maximal zu entspannen kann die Augenlinse nicht: Man packt gewissermaßen die Brechkraft der Augenlinse durch Akkomodation so lange in das sphärische Glas, bis maximale Entspannung erreicht ist, d.h. für die Ferne keine Akkomodation mehr nötig ist.

Mit dem Alter lässt nicht nur die maximale Akkomodationsfähigkeit der Augenlinse nach (ihre max. Dioptrien), sondern auch die Schnelligkeit und Präzision der Akkomodation, d.h. die Akkomodation wird "träger".
- Wenn ein ansonsten für die Ferne optimal korrigierter altersweitsichtiger Mensch z.B. lange angestrengt in der Nähe zu Lesen versucht und dann plötzlich in die Ferne sieht, kann es sein, dass er eine ganze Weile in der Ferne unscharf sieht, also für diese Zeit myop ist: Die Linse hat es nicht geschafft, sich ganz auf Ferne zu entspannen und verharrt in irgendeiner Naheinstellung, das kann mitunter ziemlich lange dauern. Auch die parasympathikolytischen Augentropfen des Augenarztes (Zykloplegie) können übrigens nicht immer zu einer tatsächlich vollständigen Entspannung der Augenlinse führen, das wird in Augenheilkunde-Lehrbüchern immer wieder betont.
- Wenn also z.B. ein beginnender leichter Altersweitsichtiger stundenlang vor dem Monitor gearbeitet hat und dann zum Optiker geht, kann es sein, dass für die Ferne falsche Werte gemessen werden, insb. für die Sphäre - weil sich die Augenlinse noch nicht vollständig wieder auf Ferneinstellung angepasst hat.
- Deswegen sollte man möglichst entspannt und ausgeruht zum Optiker / Augenarzt gehen, allerdings auch nicht müde gerade aus dem Bett gefallen.

Das Auge ist eben ein lebendes, dynamisches Organ.
Embryologisch und aufgrund von anatomischen Besonderheiten wird es übrigens als Teil des Gehirns angesehen - und das ist bekanntermaßen sehr individuell ;-) Sehen ist eben nicht nur Optik im Auge, sondern vor allem eine Gehirn-Rechenleistung.

Ich bin kein Optiker, aber das meine ich, verstanden zu haben :-)
Ergänzungen & Kritik immer gerne.
w
wörterseh
Beiträge: 7535
Registriert: Mittwoch 12. Dezember 2012, 15:01
Wohnort: Kärnten♡Koroška

Re: Bei Sehtests unterschiedliche Werte

Beitrag von wörterseh »

walterK hat geschrieben:Hier mal eine längere Antwort eines interessierten Nicht-Optikers:

Mir hat mal ein Physiker, der in einer Firma eines tragbaren Autorefraktometers arbeitet ("QuickSee Binocular Wavefront Autorefractor"), persönlich erklärt, dass Autorefraktoren tendeziell in der folgenden Reihenfolge präzise sind - im Vergleich zu subjektiven Messungen:

1) Achse
2) Zylinder-Stärke
3) Sphärische Stärke

Begründet hat er das damit, dass ....
Jetzt habe ich in meinem Berufsleben schon so viele und verschiedene Fabrikate verwendet aber ich kann diese Aussage NICHT bestätigen. Zwischen Theorie und Praxis scheint es wohl doch den einen oder anderen kleinen Unterschied zu geben.
Wer sich mit einem Idioten streitet beweist das es gerade zwei davon gibt!
A
And
Beiträge: 257
Registriert: Donnerstag 2. April 2020, 20:27

Re: Bei Sehtests unterschiedliche Werte

Beitrag von And »

@wörterseh: welche Geräte sind denn wenigstens nah dran an der subjektiven Refraktion?
Ich hätte gehofft, daß Wellenfront-Abberometer (z.B. iProfiler) - insofern die Akkomodation nicht dazwischenfunkt - prinzipbedingt exakt messen..
w
walterK
Beiträge: 16
Registriert: Freitag 14. Oktober 2022, 15:19

Re: Bei Sehtests unterschiedliche Werte

Beitrag von walterK »

@wörterseh: Dieser Physiker hat ein Gerät mitentwickelt, das u.a. im ländlichen Indien von NGOs sehr oft eingesetzt wird. Es ist eben ein tragbares, batteriebetriebenes Handgerät. Physiker studieren sowohl theoretische als auch Experimentalphysik - das Argument mit der Praxisferne ist hier also weniger geeignet. In der Physik geht beides Hand in Hand.

Trotzdem kann es sein, dass verschiedene Autorefraktoren je nach Modell und nach Messprinzip sich anders verhalten.

Insofern erweitern wir einfach die Frage:
Nach der Erfahrung der hier mitlesenden Optikermeister,

Kann man überhaupt sagen, was Autorefraktoren übereinstimmender / treffender / genauer messen, verglichen mit der anschließenden subjektiven Refraktion, bei den meisten Kunden:
-Stärke der Sphäre,
-Stärke des Zylinders,
-Achse?


(Allerdings sind alle diese Werte voneinander abhängig, Stichwort Powervektoren)

Ausnahmen gibt es ja immer, aber was ist ggf. Eure Erfahrung?
w
wörterseh
Beiträge: 7535
Registriert: Mittwoch 12. Dezember 2012, 15:01
Wohnort: Kärnten♡Koroška

Re: Bei Sehtests unterschiedliche Werte

Beitrag von wörterseh »

walterK hat geschrieben:...aber was ist ggf. Eure Erfahrung?
Die Werte des Autorefraktometers sind ein guter Anhaltspunkt, können eine genaue Augenglasbestimmung allerdings nicht ersetzen. Unter gewissen Umständen ist man auf die Werte des Autorefraktometers angewiesen, die jeweiligen Nachteile müssen dabei in Kauf genommen werden.
Wer sich mit einem Idioten streitet beweist das es gerade zwei davon gibt!
Benutzeravatar
Karoshi
Beiträge: 2153
Registriert: Dienstag 25. Oktober 2011, 11:26
Wohnort: Oberbayern

Re: Bei Sehtests unterschiedliche Werte

Beitrag von Karoshi »

Wie immer kommt es auf das Bezugssystem an.

JEDER Autoref misst die Brennweiten des Auges zum Zeitpunkt t. Die Einheit dafür ist dpt und °.

Der Augenoptiker misst die Sehstärke für Situation X und Y und Z auch noch.
Da sind die Brennweiten drin, aber auch, und darum geht's ja im Endeffekt, die Verarbeitung des Seheindrucks im Hirn.
Die Schärfe, der Kontrast, das Wohlbefinden, das Sehgleichgewicht usw.
Die verwendeten Einheiten sind (leider) die gleichen, daher immer diese Verwirrung.

Es ist nicht das selbe oder das gleiche, es nutzt nur die selbe Einheit. Nur eins kann zu bestmöglichem Sehen führen.
Aber wenn bestmöglich aus verschiedenen Barrieregründen nicht erreichbar ist, dann ist die reine Brennweitenvariante oft immer noch besser als gar nix.

Es schwingt bei solchen Diskussionen für mich immer ein "die Optiker wollen nur ihr Voodoo verteidigen" oder "Startup/Technik XYZ löst das alles mit einem Click!" mit.
Dem ist nicht so.
Für subjektive Menschenprobleme braucht es subjektive Menschenproblemlöser.
Ohne Kommunikation und Empathie wird es nix.
Und ob da eine Automatisierung erstrebenswert ist?
Des Menschen Leben gleicht der Brille. Man macht viel durch. -- Heinz Erhardt
staatl. gepr. Augenoptiker und Augenoptikermeister FFA München 2011
w
walterK
Beiträge: 16
Registriert: Freitag 14. Oktober 2022, 15:19

Re: Bei Sehtests unterschiedliche Werte

Beitrag von walterK »

Danke für den Beitrag Karoshi!

Wie wäre es denn mit dem Vergleich zu Kleidung:
Was ist die perfekte Kleidung? Eine nicht allgemein zu beantwortende Frage.

- Liegt an der Anwendungssituation!
- Was ist wichtiger: Verträglichkeit/Bequemlichkeit oder andere Eigenschaften? Wolle ist z.B. ein super Material, aber kann kratzen...

Usw.
Antworten