Sehtest mit Gleitsichtbrille verstehen/bestehen

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El Blindo
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Sehtest mit Gleitsichtbrille verstehen/bestehen

Beitragvon El Blindo » Samstag 2. Oktober 2021, 19:11

Hallo zusammen,

mich bewegen ein paar Fragen im Zusammenhang mit einem Sehtest, wie die Ergebnisse für mich als Laien zu verstehen sind etc. und hoffe hier den Durchblick zu erlangen.
Ich habe mich durch Corona bedingte Arbeitslosigkeit entschlossen trotz höheren Alters ( Mitte 50) eine Ausbildung zum Triebfahrzeugführer zu machen. Den notwendigen Sehtest habe ich erwartungsgemäß nicht bestanden, mir war klar das ich eine Gleitsichtbrille brauchen würde, konnte diese aber auf Grund der Spontanität der ganzen Aktion nicht vorher bestellen. Bis zu diesem Zeitpunkt benutzte ich nur eine Lesebrille. Der prüfende Arbeitsmediziner, kurz vor der Rente stehend, sehr tolerant und wohlwollend, meinte gehen Sie zum Optiker bestellen eine Brille, schicken mir die Werte und die Bestellbestätigung rüber und dann stempel ich das als bestanden ab.
Also in einem kleinen Optikergeschäft in dem man die Brillen mit dem R vertreibt eine Gleitsichtbrille bestellt und damit war die Sache bezüglich der Tauglichkeit zunächst für ein Jahr vom Tisch.
Beratung und Sehtest hat der Optiker meiner Meinung nach kompetent durchgeführt. Für welchen Zweck sie angefertigt werden sollte wurde erörtert.
Geordert habe ich eine Gleitsichtbrille im Preissegment der unteren Mittelklasse? (pro Glas ca.170 €)
Rodenstock Programm Free M
Mit folgenden Werten:
R S +2,0 C -0,25 A 178° Add 1,75 PD 32,1
L S +3,0 C –0,50 A 103° Add 1,75 PD 38,1
(aus Brillenpass)
Als die Brille fertig war stellt ich fest, das ich, was das Sehen im Fern- und Mittelbereich betrifft eine deutliche Verbesserung wahrnehmen konnte. Beim lesen war das Ergebnis eher ernüchternd, da muss man schon den richtigen Blickwinkel erwischen um was zu erkennen ansonsten ist alles unscharf. Da ja aber durch den Optiker vorgewarnt das es im unteren Preisbereich Abstriche bei der Qualität gibt habe das so hingenommen.
Wie auch immer, ein Jahr später mit dieser Brille nun zum erneuten Sehtest beim Arbeitsmediziner.
Ergebnis negativ, keine großartigen Erläuterungen, nur am Rande die Aussage das es im Nahbereich auf einem Auge knapp war. Nachuntersuchung in 4 Monaten.
Im Nachhinein habe ich mir die Testergebnisse per Mail zukommen lassen und bin mit diesen und einem Auszug der Triebfahrzeugführerscheinverordnung (siehe weiter unten.) wieder zum selben Optiker, ihm den Fall geschildert und gefragt ob wir mit mehr Geld eine Brille hin gebastelt bekommen mit der ich auch wirklich realistische Chancen habe den Test zu bestehen.
Na ja, na ja, mhhhhh, ja. Also erneuten Sehtest mit allem Zipp und Zapp inklusive DNEye Scan. Ich war etwas über vier Stunden in dem Laden, der Mann hat sich wirklich Mühe gegeben keine Frage. Abzüglich der Zeit für einige Telefonate und eine Kundin die zwischenzeitlich im Laden war recht zeitintensiv und engagiert wie ich finde.
Brille für knappe 1000 Euro (pro Glas 580 abzüglich Hauspreis und dies und das) mit folgenden Werten bestellt

R S +2,50 C -0,75 A 18°??? Add 2,00 PD 32,1
L S +3,00 C -0,75 A 105° Add 2.00 Pd 38,1
Rodenstock Impr. Fs 3 Oberfläche Solitaire Protect Plus 2
(vom Kostenvoranschlag) Ich vermute die 18° sind ein Schreibfehler und es sind 180°
Lieferung ausstehend. Ich bin gespannt…

Soweit zur Vorgeschichte, nun zu meinen eigentlichen Fragen.
Gefordert wird eine Fern-Sehschärfe von 1,0; mindestens 0,5 für das schlechtere Auge;
Meine Ergebnisse sind im Fernbereich 0,70 auf beiden Augen und damit weit weg oder nicht?
Der Visus ist doch gleich die Sehschärfe?
Im Nahbereich 0,70 / 0,63. Auch weit weg, oder sind die 0,70 ausreichend und die 0,63 das knapp dran vorbei welches der Arbeitsmediziner gemurmelt hat? Gefordert wird ein ausreichend was auch immer das heißen mag.
Ich tue mich als Laie etwas schwer die Optovist Prüfergebnisse, die Werte der Brille und die genannten Anforderungen zu interpretieren und mit dem „knapp dran vorbei“ in Einklang zu bringen. War es wirklich knapp oder doch eher meilenweit weg?
Wie würdet ihr als Optiker meine Chancen tendenziös einschätzen mit der neuen Brille den Test zu bestehen?

Das keine Ferndiagnosen möglich sind ist klar und auch das sowieso niemand vorhersagen kann ob ich den nächsten Test bestehen werde oder nicht. Da ich aber hin und her überlege ob ich sowohl die Ausbildung als auch das Geld für die Brille in den Sand gesetzt habe wäre ich an ein paar unverbindliche Prognosen von Fachleuten interessiert.

Vielen Dank im voraus & schönes WE

Auszug Tfv Anlage 4 und Ergebnisse des Sehtests beim Arbeitsmediziner:

Folgende Anforderungen an das Sehvermögen müssen erfüllt sein:
a) Fern-Sehschärfe mit oder ohne Sehhilfe: 1,0; mindestens 0,5 für das schlechtere Auge;
b) maximale Korrektur-Linsenstärke: Hyperopie +5 / Myopie –8; Abweichungen sind in Ausnahmefällen zulässig; eine Entscheidung erfolgt durch
die zuständige Behörde im Rahmen der Erteilung des Triebfahrzeugführerscheins nach Einholung einer Stellungnahme eines Augenarztes;
c) Sehvermögen nahe und mittlere Entfernung: ausreichend, mit oder ohne Sehhilfe;
d) Kontaktlinsen und Brillen sind zulässig, sofern das Sehvermögen regelmäßig von einem Augenarzt überprüft wird;
e) normale Farbwahrnehmung: Verwendung eines anerkannten Tests wie des Ishihara-Tests;
f) Sichtfeld: vollständig;
g) Sehvermögen beider Augen: effektiv;
h) binokulares Sehvermögen: effektiv;
i) Erkennen farbiger Signale: die Prüfung erfolgt auf der Grundlage der Erkennung einzelner Farben, nicht auf der Grundlage relativer
Unterschiede;…..

Optovist Prüfergebnis
Untersuchung G 37 G25 Landolringe

Testschritte Sehhilfe Entfernung Binokular Rechts Links

Sehschärfe Fernbereich Gleitsichtbrille 6,00 Visus 0,80 Visus 0,70 Visus 0,70
Sehschärfe Zwischenbereich Gleitsichtbrille 0,67 Visus 0,80 Visus 0,80 Visus 0,80
Phorie Zwischenbereich Gleitsichtbrille 0,67 regelrecht -- --
Stereotest Zwischenbereich Gleitsichtbrille 0,67 400“ -- --
Farbtest Zwischenbereich Gleitsichtbrille 0,67 regelrecht -- --
Sehschärfe Nahbereich Gleitsichtbrille 0,40 Visus 0,70 Visus 0,70 Visus 0,63
Kontrast unendlich Gleitsichtbrille unendlich -- -- --
Blendung Unendlich Gleitsichtbrille unendlich -- -- --
Gesichtsfeld (Auto) Gleitsichtbrille 6,0 -- -- --

Das mit der Tabelle hat nicht so schön funktioniert aber ich hoffe es ist verständlich.

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Lutz
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Re: Sehtest mit Gleitsichtbrille verstehen/bestehen

Beitragvon Lutz » Samstag 2. Oktober 2021, 21:03

1.) Wenn ich das richtig verstehe, ist der Fernvisus von 1,0 nicht erreichbar -> Ende.

2.) Kollegen, die sich täglich intensiv mit Sehbehinderten beschäftigen, finden Deinen Nickname vermutlich nicht halb so lustig wie Du.
Achtung: der oben sichtbare Text ist in der Zeit entstanden, in der er geschrieben wurden. Er könnte in Zukunft als anstößig empfunden werden. Der Autor wurde sozialisiert durch Otto, Loriot, Astrid Lindgren und ‚Schmidt­einander'.

El Blindo
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Re: Sehtest mit Gleitsichtbrille verstehen/bestehen

Beitragvon El Blindo » Sonntag 3. Oktober 2021, 15:27

Vielen Dank das Sie sich die Mühe gemacht haben den doch etwas längeren Text zu lesen,
ebenso für ihre kurze und prägnante Einschätzung.
Was den Nicknamen angeht….nun, ich betrachtete diesen als Form der Selbstironie.
Selbstverständlich lag es nicht in meiner Absicht irgendjemanden zu nahe zu treten.
Apropos, nahe treten, Leute die eine Brille benötigen gleich als Sehbehinderte zu titulieren finde ich aber auch schon irgendwie etwas diskriminierend.
Nein, das war jetzt natürlich nicht wirklich ernst gemeint. Da grade dieser Tage die deutsche Sprache voller Fettnäpfchen steht muss doch nicht immer gleich die Goldwaage und die Moralkeule zum Einsatz kommen.
Rein prophylaktisch entschuldige ich hiermit auch für Rechtschreibfehler, Grammatik und nicht gendergerechte Schreibweise.

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Re: Sehtest mit Gleitsichtbrille verstehen/bestehen

Beitragvon DI Michael Ponstein » Sonntag 3. Oktober 2021, 19:44

Es wäre zu klären, ob mit der neuen Stärke die Vorgaben der Führerscheinverordnung erfüllt werden.
Das ist aber keine Eigenschaft des Glasdesigns, sondern die Leistungsfähigkeit der Augen.
Und wenn ehemals die Augen des Prüfers schon zugedrückt wurden und per Ferndiagnose der Test als bestanden gewertet wurde, ohne wirklich zu testen, dann weiss ich nicht, warum wir Sicherheitsrelevante Bestimmungen überhaupt haben.
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Re: Sehtest mit Gleitsichtbrille verstehen/bestehen

Beitragvon Lutz » Montag 4. Oktober 2021, 00:55

El Blindo hat geschrieben:Was den Nicknamen angeht….nun, ich betrachtete diesen als Form der Selbstironie.

Ich nicht. Selbstironie wäre es, wenn Du tatsächlich blind wärst.

El Blindo hat geschrieben:Selbstverständlich lag es nicht in meiner Absicht irgendjemanden zu nahe zu treten.

Das glaube ich Dir gerne, aber es ist halt gedankenlos und dumm, und deshalb stößt es mir sauer auf.

El Blindo hat geschrieben:Apropos, nahe treten, Leute die eine Brille benötigen gleich als Sehbehinderte zu titulieren finde ich aber auch schon irgendwie etwas diskriminierend.

Ich rede nicht von Leuten, die eine Brille benötigen, sondern von Sehbehinderten:
https://www.sehbehinderung.de/index.php ... eporeid=46

Du bist nicht blind, und möglicherweise auch nicht sehbehindert (wenn Du mit der bestmöglichen Korrektur eine normale Sehleistung erreichst). Freu' Dich darüber.

[Und damit können wir das Thema abhaken, glaube ich; Schwamm drüber... :wink:]


Zurück zum eigentlichen Problem: Ich hatte es so verstanden, daß die Visusangaben am Ende mit der optimalen Korrektur ermittelt wurden - wenn das nicht der Fall war, dann besteht natürlich die Möglichkeit, daß Du mit der optimalen Korrektur auch die geforderten Sehleistungen erreichst. Bei einer Abweichung von einer halben Dioptrie "sph" und/oder "cyl" gegenüber dem optimalen Wert wäre ein Absinken des Visus von 1,0 auf ca. 0,7 durchaus denkbar.
Achtung: der oben sichtbare Text ist in der Zeit entstanden, in der er geschrieben wurden. Er könnte in Zukunft als anstößig empfunden werden. Der Autor wurde sozialisiert durch Otto, Loriot, Astrid Lindgren und ‚Schmidt­einander'.


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