Die Brille sollte überprüft werden, ggf. ist die Sehschärfe das Problem und nicht (nur) die Prismen ;
liegt ein Stereosehen vor, gelten die Regeln für beidäugiges Sehen; liegt kein Stereosehen vor gelten die Regeln für funktionell einäugige Patienten, das bessere Auge zählt für die Bewertung der Sehschärfe - kein LKW-Führerschein, keine Personenbeförderung ;
Achtung: auch der alte Kl. 3 Führerschein ist mit C1E bis 7,5 To. heute ein "kleiner" LKW Führerschein
siehe hier :
https://www.dog.org/wp-content/uploads/ ... 19_web.pdf
3.2.5 Stellung und Motilität
Bei Störungen von Stellung und Motilität der Augen können Doppelbilder auftreten. Das Wahrnehmen von zeitweiligen oder per- manenten Doppelbildern erlaubt keine sichere Zuordnung von Objekten im Außenraum, die räumliche Orientierung ist gestört. Bei frischen Paresen oder variablen Fehlstellungen kann sich der Fahrer nicht mehr mit hinreichender Sicherheit auf der Straße be- wegen.
Der Prüfling ist zu befragen, ob er ständig oder nur vorübergehend, z. B. nur nachts, Doppelbilder wahrnimmt. Ergeben sich bei der Untersuchung Hinweise auf ein gestörtes beidäugiges Sehen, müssen die Bereiche des normalen beidäugigen Sehens, die Doppelbildzonen bzw. die Bereiche der einseitigen Bildunterdrückung (Exklusionszone) bei Fernblick gemessen werden. Eine Entfernung von 2,5 m kann als ausreichend für den Fernblick angesehen werden. Die Untersuchung vor der Tangententafel nach Harms ist sehr zuverlässig und gut reproduzierbar. Die Untersuchung in 30 cm Abstand (Goldmann-Perimeter) oder in 50 bis 100 cm Abstand (Hess-Schirm) ist für die Beurteilung der Verhältnisse im Straßen- verkehr nicht geeignet und daher nicht zulässig. Ergeben sich z. B. beim Strabismus divergens intermittens Hinweise darauf, dass beim Blick in weitere Ferne die beidäugige Zusammenarbeit schlechter wird, so muss bei entsprechendem Fernblick die Fusionsfähigkeit untersucht werden.
Für Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, A2, B, BE, AM, L und T steht in Anlage 6 unter Punkt 1.2.2:
„Beweglichkeit: Bei Beidäugigkeit sind Augenzittern sowie Schielen ohne Doppeltsehen im zentralen Blickfeld bei normaler Kopfhaltung zulässig. Doppeltsehen außerhalb eines zentralen Blickfeldbereiches von 20 Grad im Durchmesser ist zulässig. Bei Einäugigkeit ausreichende Beweglichkeit des funktionstüchtigen Auges.“
Mit der Bezeichnung „normale Kopfhaltung“ wird folgende Empfehlung umschrieben: eine Kopfzwangshaltung bis zu 10° Kopfdrehung oder Kopfhebung bzw. Kopfsenkung und bis zu 10° Kopfneigung sind erlaubt, wenn die Kopfzwangshaltung beschwerdefrei, gewohnheitsmäßig und ohne äußere Entstellung eingenommen wird. Von dieser Ausgangsposition aus ist der Be- reich des beidäugigen Einfachsehens zu messen. Der in der früheren Fassung gewählte Begriff der „Kopfgeradehaltung“ wurde fallen gelassen. Der Bereich beidäugigen Einfachsehens muss einen Durchmesser in horizontaler und vertikaler Richtung von mindestens 20° haben. Am einfachsten kann dieser in 5 Metern Entfernung vor dem Maddox-Kreuz gemessen werden, indem der Proband Blicksprünge in die entsprechenden Richtungen ausführt.
Bedeutung für den Straßenverkehr
Eventuelle Doppelbilder dürfen nur bis zu einer Dauer von 2 Sekunden bestehen bleiben. Ist die Augenbeweglichkeit eingeschränkt, so ist zu prüfen, ob die Kompensation der Blickbewegungen durch gleich schnelle Kopfbewegungen jederzeit möglich ist. Patienten mit einem Retraktionssyndrom müssen im Einzelfall begutachtet werden. An die Güte des beidäugigen Zusammenspiels werden keine Anforderungen gestellt, da auch einäugige Fahrer zugelassen sind.
Liegt ein Nystagmus vor oder nimmt der Bewerber bei der Visus- prüfung eine Kopfzwangshaltung ein, so ist zu prüfen, ob die ge- forderte Mindestsehschärfe in den oben beschriebenen Blickfeldbereichen erreicht werden kann. Dabei soll die Erkennungszeit etwa eine Sekunde pro Sehzeichen betragen. In der früheren Fassung der FeV wurde bei einäugigen Fahrern bereits das alleinige Vorhandensein eines Nystagmus als Ausschlussgrund aufgeführt. Dies ist jetzt nicht mehr der Fall. Das funktionstüchtige Auge sollte aber normal beweglich sein.
Bei Einäugigkeit wird für die niederen Fahrerlaubnisklassen die normale Beweglichkeit des funktionstüchtigen Auges gefordert. Die DOG empfiehlt bei nicht freier einäugiger Beweglichkeit min- destens einen Blickfeldbereich von 20° im Durchmesser, wenn weiter exzentrisch liegende Objekte durch Kopfbewegungen schnell und sicher foveolar fixiert werden können.
Für Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und Fahrerlaubnis zu Fahrgastbeförderung steht in Anlage 6 unter Punkt 2.2.2:
„Beweglichkeit und Stereosehen: Ausschluss bei Doppeltsehen im Gebrauchsblickfeld (d. h. 25 Grad Aufblick, 30 Grad Rechts- und Links- blick, 40 Grad Abblick). Ausschluss bei Schielen ohne konstantes binokulares Einfachsehen.“
Hier wird einerseits recht genau beschrieben, in welchen Blickfeld- bereichen keine Doppelbilder vorliegen dürfen, andererseits ist die Umschreibung der Güte des beidäugigen Sehens bewusst unscharf formuliert. Die Formulierung „Ausschluss bei Schielen ohne konstantes binokulares Einfachsehen“ ersetzt die früher gebrauchte Forderung „normales Stereosehen“, mit der in den ver- gangenen Jahrzehnten nicht selten Probleme mit der Behörde auftraten. Demgegenüber erlaubt die neue Formulierung dem Augenarzt bewusst gutachterliche Freiheiten. Im Folgenden werden abgestufte Bewertungen für die drei Gruppen von Fahrerlaubnisklassen vorgeschlagen, die den bisherigen DOG-Empfehlungen entsprechen.
Die DOG empfiehlt bei den Fahrerlaubnisklassen D, D1, DE und D1E (Kleinbusse und Omnibusse mit Personenbeförderung mit und ohne Anhänger) die Definition „Ausschluss bei Schielen ohne konstantes binokulares Einfachsehen“ dahingehend auszulegen, dass ein Stereosehen von mindestens 100 Winkelsekunden und keine einseitige Exklusion vorhanden sind. Dies kann mit subnormalem Binokularsehen oder mit kleinwinkligem Schielen (Mikrostrabismus) einhergehen. Ein stets gut kompensiertes latentes Schielen (Horizontal-, Vertikal- oder Zyklodeviation) ohne im Straßenverkehr auftretende Doppelbilder ist kein Ausschlussgrund für die Fahrerlaubnisklassen D, D1, DE und D1E. Der Kopf sollte gerade gehalten werden. Ein Fahrer mit intermittierendem Strabismus divergens sollte nicht zugelassen werden.
Bei den Fahrerlaubnisklassen C, C1, CE und C1E kann ein kleinwinkeliges Schielen ohne Doppelbilder und mit qualitativem Nachweis von Stereosehen (z. B. Titmus-Fliege) erlaubt werden, wenn positive Fahrerfahrung ohne Unfall vorliegt. Der augenärztliche Gesamtbefund sollte sonst ein normales Sehvermögen aufweisen. Eine „normale Kopfhaltung“ sollte so definiert werden wie oben
bei den niedrigeren Anforderungsstufen. Doppelbilder oder einseitige Bildunterdrückung jenseits des Gebrauchsblickfeldes (d. h. jenseits von 25° Aufblick, jenseits von 30° Rechts- und Linksblick, jenseits von 40° Abblick) können zugelassen werden, wenn der Bewerber diese Blickfeldbereiche stets und ohne Schwierigkeiten durch Kopfbewegungen vermeiden kann.
Bei der Fahrerlaubnisklasse B mit Personenbeförderung empfiehlt die DOG, nur beidäugige Fahrer für geeignet zu halten, deren Sehschärfe mindestens 0,8/0,5 beträgt. Anforderungen an das Binokularsehen werden nicht gestellt, d. h. es können auch beidäugige Fahrer ohne Binokularsehen und mit Strabismus ohne Doppelbil- der zugelassen werden, wenn langjährige Fahrerfahrung ohne Unfall für die Fahrerlaubnisklasse B vorliegt. Funktionell einäugige Taxifahrer (Sehschärfe unter 0,2 auf dem schlechteren Auge bei sonst normalem Sehvermögen dieses Auges) können in Einzelfällen nach individueller Begutachtung mit dem Nachweis von Unfallfreiheit und unter Auflage von Kontrolluntersuchungen zugelassen werden. Anatomisch einäugige Taxifahrer sind nicht zuzulassen.
Vorgehensweise bei akutem Sehverlust eines Auges oder akut ein- getretener erheblicher Einschränkung des Sehvermögens auf einem Auge:
Anlage 6 Punkt 1.4
Nach dem Verlust des Sehvermögens auf einem Auge oder bei neu aufgetretener Diplopie muss ein geeigneter Zeitraum (mindestens drei Monate) eingehalten werden, während dessen das Führen von Kraftfahrzeugen nicht erlaubt ist. Danach darf erst nach augenärztlicher Untersuchung und Beratung wieder ein Kraftfahrzeug geführt werden.
Anlage 6 Punkt 2.3
Nach einer neu eingetretenen relevanten Einschränkung des Sehver- mögens muss ein geeigneter Anpassungszeitraum eingehalten wer- den, während dessen das Führen von Kraftfahrzeugen nicht erlaubt ist. Danach darf erst nach augenärztlicher Untersuchung und Beratung wieder ein Kraftfahrzeug geführt werden.
Es ist sehr zu begrüßen, dass für die niederen Anforderungsklas- sen unter 1.4 jetzt neu der gesetzlich geregelte Zeitraum von 3 Mo- naten definiert wurde, nach dem wieder ein PKW gefahren werden darf. Der beratende Augenarzt sollte nach Fehlhandlungen, wie Danebenschütten von Flüssigkeiten, Stolpern auf unebenem Boden oder Vorbeigreifen fragen. Wenn dies verneint wird, kann der einäugige Fahrer wieder als Beifahrer aktiv mitfahren und danach mit einem erfahrenen Beifahrer wieder die räumliche Einschätzung, wie das Einparken neu erlernen. Damit sind viele Unklarheiten beseitigt und eine einheitlichere Bewertung in Deutschland ermöglicht worden.
Je nach Ausmaß der Sehbeeinträchtigung sollte ein ähnlicher Zeit- raum (in der Regel ebenfalls 3 Monate Karenzzeit) auch für die Fahrerlaubnisklassen C, D und die Personenbeförderungen nach Punkt 2.3 übernommen werden. Der Augenarzt sollte bei der Beratung nach den oben genannten Orientierungsproblemen in häuslicher Umgebung und nach seiner Einschätzung beim Fahren mit dem eigenen PKW fragen. Letztlich kann ein jahrzehntelang fahrender Berufskraftfahrer relativ gut selbst einschätzen, ob er wieder fahrtauglich ist. Berufs-LKW-Fahrer, die nach dem 1.1.1999 die Fahrerlaubnis erworben hatten, sind als Einäugige nicht mehr tauglich. Sie müssen mindestens eine Sehschärfe von 0,8/0,1 haben. Personenbeförderer müssen eine Sehschärfe von 0,8/0,5 haben (s. hierzu Anlage 6 zur FeV Punkt 2.2.1).