So, letzter Akt des Dramas:
Die Gleitsichtgläser aus der zweiten Brille sind raus, beim Optiker in die Tonne gewandert, und Einstärken-Lesegläser sind drin. Funktioniert bestens, bis auf die Tatsache, dass die Einstärken-Gläser rundherum links eine ca. 1 cm und rechts eine ca. 8 mm breite Zone haben, wo das Bild deutlich unscharf wird (nach aussen hin stärker werdend). In der Mitte sind sie knackscharf, aber bei dem relativ kleinen Durchmesser der Gläser (siehe Foto auf der ersten Seite, die Fassung ist die gleiche) macht sich das schon deutlich bemerkbar. Aber wahrscheinlich ist das bloss wieder so ein Feature der High-End-Zeiss-Gläser, dass ich nicht verstehe oder nicht zu würdigen weiß. Meine billigen Galileo- und Hoya-Gläser in den Vorgängerbrillen waren ja nur bis zum Rand knackscharf, aber was will man von den Herstellern aus der zweiten und dritten Reihe schon erwarten?
Was sind die "lessons learned", wie es auf Neudeutsch so schön heisst?
- Vertraue keiner Werbung der Glashersteller, vor allen Dingen dann nicht, wenn sie dir das Blaue vom Himmel herunter versprechen. Die Physik kann niemand überlisten.
- Vertraue den Zusicherungen des Optikers nicht, vor allen Dingen dann nicht, wenn er das Marketing-Geblubber der Hersteller wiederkäut.
- Lasse dich nicht auf irgendwelches Geblubber des Optikers ein, dass das mit der Gewöhnung "manchmal bis zu sechs Monaten dauert". Wenn es nach ein paar Minuten bis maximal Stunden nicht funktioniert, wird es überhaupt nicht funktionieren. Insofern sollte man die Aussagen der Hersteller über "extrem hohe Spontanverträglichkeit" durchaus beim Wort nehmen. Auch im Umkehrschluss im Sinne einer Spontan-Unverträglichkeit.
- Auch beim Brillenkauf ist es so, wie mittlerweile in fast allen anderen Bereichen: man kann sich auf nichts mehr verlassen und muss sich selber schlau machen.
- Die nächsten Gläser werden mit Sicherheit nicht von einem der Premium-Hersteller kommen. Das bringt nichts (s.o.) und kostet nur unnütz Geld.
Mein Optiker hat mir übrigens, trotz eines gültigen Verträglichkeitsgarantie-Scheins und trotz der Tatsache, dass ich die Einstärken-Fernbrille natürlich incl. Gläsern bezahlt hatte, für die Einstärken-Nahgläser nochmal den vollen monetären Nachschlag abverlangt. Sehr kreative Begründung: an mir hätte er wegen der vielen Fehlversuche (die aber wegen Fehlern bei der Refraktion auf sein Konto gingen) sowieso nichts verdient, da könne er mir die Gläser leider nicht im Rahmen der Verträglichkeitsgarantie geben. Der Herr Benkhoff wird sich jetzt natürlich wegen meiner grenzenlosen Doofheit und Naivität kaputtlachen, aber ich hatte in dem Moment einfach keine Lust mehr, das ganze Fass nochmal aufzumachen und wegen der Einstärkengläser nochmal zu einem anderen Optiker zu gehen. Oder gar einen Rechtsstreit vom Zaun zu brechen, den ich mit Sicherheit verloren hätte, da ja von Seiten der Gläserhersteller und des Optikers eigentlich gar nichts verbindlich zugesagt wird und die Eigenschaften der Brille natürlich individuell unterschiedlich sind... Aber immerhin kann ich mich damit trösten, mit Sicherheit die teuersten Einstärken-Gläser im ganzen Land zu besitzen. Zu wissen, es ist Plastik...
Mein Optiker hat mir anlässlich der Brillenabholung übrigens mitgeteilt, dass ich ab sofort nicht mehr sein Kunde bin. Das kam nicht von ihm - er hätte mich sicher gerne weiterhin als leichtgläubige und spendable Geldquelle behalten. Er sagte, dass er massive Schwierigkeiten gehabt hätte, die Lesegläser ohne Gravur zu bekommen, und dass Zeiss ihm mitgeteilt habe, dass es in Zukunft überhaupt nicht mehr möglich sein werde, Gläser ohne Gravur zu bekommen. Tja, dumm gelaufen, Zeiss. Dieser Kunde sucht sich beim nächsten Mal einen Hersteller, der die Gläser nicht mit deutlich sichtbaren Beschädigungen ausliefert. Und auch die neue Brille des Sohnes des Kunden, deren Notwendigkeit nach einem Besuch beim Augenarzt diese Woche feststeht, wird keine Gläser mehr von Euch haben.
Denen, die mir im Verlaufe der Diskussion weitergeholfen haben, nochmals vielen Dank.